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desselben darzustellen, der sich aus der Zahl der Mitglieder be-
rechnen lässt.
Ebenso sind die Erstgeborenen gewisser Häuser des hohen
Adels kraft ihrer Geburt in einigen Staaten zur Einnahme von
Sitz und Stimme in der ersten Kammer berufen und haben daher
eigene Rechte, einen Theil des Organwillens dieser Kammer zu
bilden. Derlei Rechte stehen auch nicht selten juristischen Per-
sonen, wie Universitäten, Bischofssitzen, zu.
Eigene Antheilsrechte dieser Art haben endlich alle, welchen
das Recht zusteht, ein Organ zu wählen. Alle Wahlrechte sind,
wiewohl Rechte auf Organstellung ?!?) doch zugleich eigene Rechte
und als solche geschützt. Die Willensorganisation innerhalb der
Wählerschaft ist ein mehr oder minder mit anstaltlichen Elementen
durchsetzter Majoritätsverband. Aber seine rechtliche Structur
ist nicht die eines gewöhnlichen Majoritäts-Verbandes, noch die
eines collegialen Amtes. Letzteres nicht, weil der Wähler nicht
bloss als Organ, ersteres nicht, weil er nicht bloss als Rechts-
subject auftritt, sondern auch als Organ. Dieser Verband ist
aber auch kein Gemeinwesen und daher auch keine juristische
Person. Denn er ist nicht durch einen Gesammtzweck in sich
Gemeinde-Ordnungen. — °!1?) Dass der Wähler staatliches oder communales
Organ ist, lässt sich nicht bezweifeln. Denn indem er wählt, erzeugt
er einen Theil jenes Willens des Gemeinwesens, der bestimmte Personen zur
Ausübung eines Amtes beruft. Wer diesen Standpunkt nicht theilt, der hat
sich von jener mittelalterlichen Anschauung, welche unterschied zwischen dem
was die universitas „per se“ und was sie „per alıum“ thut, nicht emaneipirt.
Die Auffassung jedoch, dass die universitas „per se* handeln könne, kommt
über die Identifieirung des Verbandes als Vielheit mit seiner Einheit nicht
hinaus und führt zu unhaltbaren Resultaten, wie der Unmöglichkeit einer
Majorisirung, der Irrelevanz der ordnungsmässigen Berufung der Versamm-
lung u. s. w. Auch die Versammlung der Gesammtheit ist ein Organ der-
selben und der einzelne Stimmende daher Theilorgan. In schöner und folge-
richtiger Darstellung hat diesen Gedanken GIERRE in seinem grossen Werke
und in der „Genossenschaftstheorie“ durchgeführt. Was KAarLowA in Grün-
hut’s Ztschr. XV. 1888. S. 422 dagegen bemerkt, enthält einen Widerspruch
in sich selbst.