Das persönliche Herrschaftsgebiet der Strafprocess-
gesetze,
Von
Professor Dr. A. v. Krizs in Kiel.
Wenn in dem Staats- und Processrecht heute ein Satz all-
gemein anerkannt wird, so ist es der, dass sich die Gerichtsbar-
keit des Inlandes nur auf die im Inlande weilenden Personen
erstrecke.. Denn — wie LaBanp!) sagt — „die Frage, welche
Personen der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfen sind, ist
identisch mit der anderen, welche Personen der Staatsgewalt über-
haupt unterstehen, da ja die Gerichtsbarkeit als Ganzes nichts
Anderes ist, als eine bestimmte Aeusserung der Staatsgewalt.“
Es soll im Folgenden unternommen werden, die Unrichtigkeit
dieser Auffassung zu erweisen und darzuthun, dass eine derartige
Beschränkung der inländischen Gerichtsbarkeit nur dort besteht,
wo es sich um dritte Personen handelt, die in einem Process
mitzuwirken haben (Zeugen, Sachverständige, Inhaber von Sachen,
die in Beschlag genommen, von Räumen, die durchsucht werden
sollen); dass dagegen, wo die Einleitung einer Untersuchung und
die Erhebung der öffentlichen Klage gegen einen Beschuldigten
in Betracht kommt, principiell gar keine Schranken bestehn, dass
hier also der Inländer wie der Ausländer im Inland wie im Aus-
land gleichmässig in Betracht kommen.
Mit dem Erweis dieses letzten Satzes ist zu beginnen.
Zunächst sei darauf hingewiesen, dass die eben behauptete
Geltung des Processrechtes allen Personen schlechthin gegenüber
!) Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. IH, Abth. 2, S. 39.