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E. G.-V.-G.85 (8. 211 der officiellen Ausgabe) war gesagt, diese
Bestimmung in Verbindung mit E. Str.-P.-O. 8 4 sicherte die Privi-
legien der Landesherren und der landesherrlichen Familie im
eigenen Lande; in einem anderen Bundesstaat würden sich
diese Personen auf das Recht ihres Staates-nicht berufen können ?).
Dieser Ansicht haben sich dann eine ganze Anzahl von
Autoren angeschlossen, sie ist indessen auch bestritten worden®).
Um für die Entscheidung dieser Controverse den richtigen
Boden zu gewinnen, ist ein etwas weiteres Ausholen unerlässlich °).
Nach den Eingangsworten der Verfassung des Norddeutschen
Bundes bezweckte dieser den Schutz des Bundesgebietes und
des innerhalb desselben giltigen Rechtes und die Pflege der Wohl-
fahrt des deutschen Volkes. Es war nur eine Oonsequenz hier-
von, wenn in Art. 4 No. 13 der Gesetzgebung des Bundes und
seiner Beaufsichtigung das Strafrecht und das gerichtliche Ver-
fahren unterstellt wurden.
Für die Lösung dieser Aufgabe hätten an sich zwei Wege
offen gestanden. Der Bund konnte entweder unter völligem
”) Die Motive fahren dann fort: „In Ermangelung besonderer Bestim-
mungen würde also auch ein Mitglied einer landesherrlichen Familie, welches
im eigenen Lande an der Gerichtsstelle nicht zu erscheinen verpflichtet ist
und den Eid nur durch Unterschrift der Eidesnorm zu leisten braucht, in
jedem anderen Bundesstaat an der Gerichtsstelle erscheinen und Eide körper-
lich ableisten müssen.“ Diese Oonsequenzen sind nun für den Fall zutreffend,
dass ein Mitglied einer landesherrlichen Familie in einem fremden Bundes-
staat gegen eine dritte Person Klage erhoben hat. Denn damit hat es sich
freiwillig der Gerichtsbarkeit dieses Staates unterstellt. Es erscheint immer-
hin bemerkenswerth, dass die Motive die Consequenz aus dem von ihnen
aufgestellten allgemeinen Satz für Strafsachen nicht ziehen.
®) Von den Commentatoren Jomn, Löw, PUucHELT, STENGLEIN, Tao
Vorrus, ferner Heinze, Strafprocessualische Erörterungen S. 118, GLAsER,
Handbuch des Strafprocesses Bd. I, S. 285, Anm. 20, Bınpıne, Grundriss des
deutschen Strafprocessrechtes 2. Aufl. 1886, 8 16 No.5c. Richtig SCHWARZE,
Commentar zur Str.-P.-O. Lasanp, Staatsrecht Bd. III, Abth, 2, 8. 41.
Wacn, Handbuch des deutschen Civilprocessrechtes Bd. I, 8. 412.
°) Für das folgende vergl. insbes. LaBanp, Staatsrecht Bd. III, Abth. 2,
S. 46 ff, und Jomm, Commentar zur Str.-P.-O. Bd. I, S. 170 ff.