Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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dass sie in der ersten Instanz dem Bundesstaat, in der Revisions- 
instanz dem Reich gehört und dass in dieser letzteren den Be- 
hörden des Bundesstaates jede Einwirkung auf die Sache entzogen 
ist. Es wäre denkbar, dass die von der Landesbehörde — viel- 
leicht auf directe Anweisung der Landesjustizverwaltung — ein- 
gelegte Revision vom Oberreichsanwalt zurückgenommen würde. 
Endlich erklärt sich daraus auch die Ausdehnung der Gerichts- 
gewalt jedes deutschen Gerichtes über ganz Deutschland. Da die 
Gerichte Behörden der Einzelstaaten sind, so sollte man erwarten, 
dass ihre Befugniss zur Vornahme von Zwangsmassregeln sich 
auf den eigenen Staat beschränkt. Bekanntlich gilt aber gerade 
das Gegentheil. Das G.-V.-G. hat sich auf den Standpunkt ge- 
stellt, dass die Grenzen der einzelnen Bundesstaaten für die 
Rechtspflege überhaupt nicht in Betracht kommen, sondern dass 
jedes Gericht zur Vornahme von Processhandlungen nicht weniger 
in einem fremden als dem eigenen Staat berechtigt ist. 
Sofern nun aber durch das G.-V.-G. eine derartige Erweiterung 
der Gerichtsgewalt jedes deutschen Gerichtes vorgenommen wurde, 
rechtliche Schwierigkeiten bestehen hier nicht. Auch die Wirkung der 
Abolition ist dieselbe wie früher: sie bewirkt die gänzliche Unzulässigkeit 
der Strafverfolgung. Hiernach wird nicht bezweifelt werden können, dass 
die Landesherren nach Massgabe der Particulargesetze nach wie vor befugt 
sind, die Erhebung der Anklage zum Zweck der Niederschlagung zu ver- 
bieten. — Nun erst erhebt sich die weitere rein processualische Frage, ob 
etwa die Str.-P.-O. bewirkt hat, dass die Abolition von einem bestimmten 
Zeitpunkt ab — sei es Erhebung der Öffentlichen Klage, sei es Eröffnung 
der Untersuchung oder des Hauptverfahrens — nicht mehr erfolgen kann, 
selbst wenn das Particulargesetz dies gestattete. Eine derartige Bestimmung 
wäre möglich — sie ist aber thatsächlich nicht vorhanden und zwar desshalb 
nicht, weil das Gesetz mit dem Bestehen des Abolitionsrechtes überhaupt 
nicht rechnet. Str.-P-O.$ 154 gehört nicht hierher; denn Zurücknahme der 
Klage durch die Staatsanwaltschaft und landesherrliche Abolition sind zwei 
ganz verschiedene Dinge. Dass aber die Gerichte nach eröffneter Unter- 
suchung kein wohl erworbenes Recht darauf haben, den Fall durch Urtheil 
in der Sache selbst zu erledigen, geht schon aus der vielfachen Rücknehm- 
barkeit des Antrags hervor.
	        
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