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bürtigkeit einer Person deren Geburt in dem für ebenbürtig er-
achteten Adelsgrade, geschweige denn, dass eine bestimmte Zahl
gräflicher oder freiherrlicher Ahnen erfordert würde. Es muss
daher beispielsweise als vollwirksam betrachtet werden die Ehe
eines Mitgliedes des Lippe’schen Hauses mit einer bürgerlich ge-
borenen, aber vor Eingehung der Ehe in den Grafenstand er-
hobenen Frau.
Ziweifelhaft ist es dagegen, ob eine bereits eingegangene un-
ebenbürtige Ehe durch spätere Rangerhöhung der Frau nach-
träglich zu einer vollgiltigen gemacht werden kann. Die Wahl-
capitulation von 1742 hatte mit rückwirkender Kraft festgesetzt,
dass bei unstreitig notorischer Missheirath zum Nachtheile der
eventuellen Erbfolger und ohne deren Einwilligung der Kaiser
keine Standeserhöhung vornehmen dürfe, um dadurch die De-
scendenz aus der Missheirath für ebenbürtig und successions-
berechtigt zu erklären. Unbestritten war das Vorhandensein
unstreitig notorischer Missheirath aber nur bei der Ehe eines
Mitgliedes des hohen Adels mit einer Bürgerlichen, im Uebrigen
hatte man die Feststellung des Begriffs erst der späteren Reichs-
gesetzgebung vorbehalten. Der Kaiser konnte also, wenn ein
Mitglied des hohen Adels eine Bürgerliche geheirathet hatte, durch
nachträgliche Standeserhöhung derselben die Ehe nicht zu einer
ebenbürtigen und die Descendenz nicht zu einer successionsfähigen
machen. In anderen Fällen der Missheirath stand aber bis auf
Weiteres die Wahlcapitulation dem kaiserlichen Reservatrechte
der Standeserhöhung nicht entgegen. Eine andere Frage war es,
welche Rechtswirkungen derartige Standeserhöhungen ausübten,
ob sie insbesondere eine von Hause aus unebenbürtige Ehe nach-
träglich in eine ebenbürtige verwandeln konnten. Diese Frage
war da, wo es sich nicht um unstreitig notorische Missheirath
handelte, nicht nach der Wahlcapitulation, sondern nach allge-
meinen Grundsätzen zu entscheiden!®).
18) Debereinstimmend J. J. Moser, Familienstaatsrecht Bd. 2, S. 157