Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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demselben Rechte könnte man die Einführung eines Getreidezolles 
durch Polizeiverordnung für zulässig erklären. Es wird dabei voll- 
kommen verkannt, dass die Wahrung der Interessen eines Pro- 
ductionszweiges nichts weniger als polizeiliche Aufgabe ist. Die 
Regelung der Deckung der Stuten, welche den Gegenstand der 
Körordnungen bildet, ist zweifellos im Interesse der Pferdezucht 
wünschenswerth. Aber um die Erhaltung der öffentlichen Sicher- 
heit und Ordnung und um die Abwendung von Gefahren handelt 
es sich dabei keineswegs. Insbesondere ist nicht zu vergessen, 
dass nach $ 10 II, 17 A. L.-R. nur die Menschen drohende 
Gefahr Veranlassung des polizeilichen Einschreitens sein kann, 
und demnach die sogen. Veterinärpolizei nicht Polizei, sondern 
staatliche Pflege ist, bei der sich die Thätigkeit der Behörde 
nicht auf die allgemeinen Clauseln des Polizeirechtes, sondern nur 
auf eine besondere gesetzliche Ermächtigung stützen kann. 
Nun fragt es sich aber weiter, ob Polizeiverordnungen über 
alles dasjenige ergehen können, was überhaupt Gegenstand der 
polizeilichen Thätigkeit ist, oder ob die Polizeiverordnungen auf 
ein engeres Gebiet beschränkt sind. Das Polizeiverwaltungsgesetz 
zählt in $ 6 unter a—h die einzelnen Gegenstände des Polizei- 
verordnungsrechtes auf, fügt aber dann unter i noch eine allge- 
meine Clausel hinzu, wonach auch „alles Andere, was im beson- 
deren Interesse der Gemeinden polizeilich geordnet werden muss“, 
Gegenstand des Polizeiverordnungsrechtes sein soll. Es entsteht hier- 
nach der Zweifel, ob diese Aufzählung eine erschöpfende ist oder 
nur die Bedeutung einer Exemplification hat. Im ersteren Falle 
würde eine Polizeiverordnung allein über die namentlich aufgezählten 
Gegenstände ergehen können, insbesondere eine Verordnung auf 
Grund des 8 6i bedingt sein durch den Nachweis eines besonderen 
Interesses des betreffenden Bezirkes an der polizeilichen Regelung, 
im letzteren Falle wäre das Polizeiverordnungsrecht nur an die all- 
gemeinen Schranken des $ 10 II, 17 A. L.-R. gebunden. Das 
Kammergericht hat sich bisher?) ebenso constant der ersteren 
8) Vgl. besonders Entsch. vom 5. Juli 1883 — Jonow und KüÜNTtzEL, 
Jahrbuch Bd. 4, S. 256 —, vom 1. April 1886 — Wochenschrift „Selbst- 
verwaltung“ 1886, S. 165.
	        
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