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lichen Vorschriften. Den Erlass solcher Verordnungen überträgt
vielmehr die Allgemeine Cabinetsordre vom 7. Februar 1837
ausschliesslich den Regierungen, welche nicht befugt sind, ihr
Verordnungsrecht untergeordneten Polizeibehörden zn delegiren.“
Das heisst mit anderen Worten: Das durch das Polizeiverwaltungs-
gesetz vom 11. März 1850 sämmtlichen Polizeibehörden, namentlich
den Ortspolizeibehörden eingeräumte Polizeiverordnungsrecht ist
durch ein Specialgesetz, die Cabinetsordre vom 7. Februar 1837,
auf die Regierungen beschränkt, sofern es sich um Verordnungen
über die Sonntagsheiligung handelt, das Polizeiverwaltungsgesetz
vom 11. März 1850 ist theilweise aufgehoben durch die Cabinets-
ordre vom 7. Februar 1837. Damit stellt das Kammergericht
den neuen Rechtsgrundsatz auf: „Lex prior derogat posteriori.“
Eine nähere Begründung desselben ist leider wieder zu vermissen.
IV. Die gesetzlichen Schranken, innerhalb deren die Polizei-
behörden in ihren Verordnungen Strafen anzudrohen befugt sind,
waren früher durch das Polizeiverwaltungsgesetz und sind gegen-
wärtig durch 88 136ff. des Liandesverwaltungsgesetzes bestimmt.
Das Gesetz normirt nur das Maximum der anzudrohenden Strafe.
Die Frage, ob die Polizeibehörde bei ihrer Androhung an ein
Minimum, nämlich die Mindeststrafe der Uebertretungen nach
dem Str-G.-B. gebunden sei, kann hier dahingestellt bleiben, da
die Rechtsprechung des Kammergerichtes sich noch nicht damit
beschäftigt hat!!). Soviel ergiebt sich jedenfalls aus dem Wort-
laute der gesetzlichen Ermächtigungen, dass die Strafandrohung
bis zum gesetzlichen Maximum gehen darf, aber nicht zu gehen
braucht. Das Gesetz erklärt die Behörde für befugt, Strafen bis
zu einem gewissen Betrage anzudrohen, aber es verpflichtet sie
nicht dazu. Hieraus folgt, dass innerhalb des Limitum die Be-
hörden freien Spielraum haben, die Strafe nach ihrem Ermessen
anzudrohen. Kann die Behörde aber eine geringere Maximalstrafe
androhen als die gesetzliche, so kann sie die Strafe auch nach
unten hin begrenzen. Sie kann beispielsweise eine höhere Mindest-
strafe androhen als die Mindeststrafe der Uebertretungen nach
11) Vgl. darüber die Ausführungen und Literaturangaben in meinem
Preuss. Staatsrecht Bd. 3, S. 146.