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Eigenthums müsse vielfach den Anforderungen des öffentlichen Wohls weichen,
sowie gegenüber den auf gleicher Grundlage beruhenden Erörterungen a. a. O.
S. 541 über die öffentlichen Beschränkungen des Baurechts. An letzterer
Stelle dürfte in $ 218, N. 15 zur Erläuterung der Grenzen der baupoli-
zeilichen Machtbefugnisse die Entsch. des O.-V.-G. vom 14. Juni 1882, Bd. 9,
S. 354 (Kreuzbergdenkmal) nachzutragen sein.
Bei Behandlung der Rechtsquellen berührt der Verfasser ın $ 16 die
Theorie des Gesetzes, wobei er sich an die bekannte LapBann’sche Auffassung
anschliesst. Er geht also davon aus, dass der Gesetzesbegriff ein gleich-
zeitig formeller und materieller ist, die in bestimmten Formen, d. h. durch
Zusammenwirken der gesetzgebenden Faktoren, zu Stande gekommene Rechts-
norm bezeichnet, es aber ausserdem bloss formelle Gesetze giebt, die wie
z. B. das Budget keine Rechtsnormen zum Inhalte haben. Eine Rechtsnorm
kann also hiernach nur erlassen werden in Form des Gesetzes oder auf
Grund einer speziellen gesetzlichen Delegation. Von einer Widerlegung dieser
m. E. für das preussische Recht unzutreffenden Theorie kann an dieser
Stelle um so mehr abgesehen werden, als der Verfasser eine prinzipielle Be-
gründung seiner Ansicht unterlässt und N. 5 auf LABAnD verweist. Nur so
viel mag hier hervorgehoben werden, dass in der Schlussfolgerung der
Lagann’schen Gesetzestheorie zwei wichtige Glieder unvollkommen sind. Es
ist nicht dargethan, dass die preussische Verfassungsurkunde irgendwo Ge-
setz und Rechtsnorm identifizirt, und es ist, wenn die Verfassungsurkunde
keinen neuen Gesetzesbegriff aufstellen, sondern nur den früheren erhalten
wollte, nicht dargethan, dass vor Erlass der Verfassungsurkunde Gesetz und
Rechtsnorm identische Begriffe waren.
Durchaus beizupflichten ist dagegen den Ausführungen des Verfassers
S. 32 über das sogen. Nothverordnungsrecht. Zutreffend wird diesen Ver-
ordnungen nicht bloss eine bedingte Kraft, so dass sie bei versagter Ge-
nehmigung rückwärts hin zusammenfallen, sondern unbedingte Geltung zuge-
schrieben. Die Verordnung tritt wieder ausser Kraft nicht schon durch
Versagung der Genehmigung Seitens des Landtags, sondern erst mit förm-
licher Publikation dieser Thatsache. Die Wiederaufhebung schafft aber kein
Vakuum, sondern stellt das frühere Recht wieder her. Hinsichtlich der
Gegenstände des Nothverordnungsrechts vertritt der Verfasser jetzt im
Gegensatze zu den früheren Auflagen die richtige, mehr und mehr zur An-
erkennung gelangende Auffassung, dass die Verfassungsurkunde nicht schon
dadurch, dass sie die Regelung einer Materie dem Gesetze überweist, die
Nothverordnung ausschliesst. Von besonderer praktischer Bedeutung dürfte
dies für das Budgetrecht werden.
Die Privilegien werden 8. 48 zutreffend definirt als Staatsakte, die ein
einzelnes Verhältniss ordnen, so dass sie unmittelbar Recht im subjektiven
Sinne schaffen. Es wird ferner anerkannt, dass der Begriff der Privilegien
kein einheitlicher ist, indem sie entweder vom Gesetzgeber in den Formen