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und nach den Voraussetzungen der Gesetze geschaffen werden oder Akte
der Staatsverwaltung bilden. Massgebend ist dabei das Verhältniss des Pri-
vilegiums zum Gesetze (S. 49, N. 7). Die nicht im Gesetze vorgesehene Be-
freiung ist als Abänderung des Gesetzes selbst ein Gesetzesakt, die vor-
gesehene dagegen Ausführung des Gesetzes. Im ersteren Falle liegt eine
individuelle Rechtsnorm, im letzteren überhaupt keine Rechtsnorm, sondern
ein Vollzugsakt vor. Unter diesen Umständen dürfte jedoch die Erörterung
der Privilegien aus der Lehre von den Rechtsquellen auszuscheiden sein,
da bei diesen nur allgemeine Rechtsnormen in Betracht kommen.
Bei Erörterung der Autonomie der Mediatisirten für ihre persönlichen
und Familienverhältnisse (S. 61) ist der Einfluss des Reichscivilrechts ausser
Acht gelassen. Das Personenstandsgesetz vom 6. Februar 1875 regelt einen
grossen Theil des materiellen Eherechts und hat dabei für die Erforder-
nisse der Eheschliessung, die Gerichtsbarkeit in Ehesachen, Stellvertretung
der Verlobten und Aufgebot nur den Landesherren, den Mitgliedern der
landesherrlichen Familien und der fürstlichen Familie Hohenzollern, nicht
dagegen den mediatisirten Familien die Familienautonomie vorbehalten.
Dassclbe gilt von der abweichenden Festsetzung des Grossjährigkeitstermins
nach dem Gesetze vom 17. Februar 1875.
Der Verfasser erklärt a. a. OÖ. 8. 147, N. 10 weiterhin für gemeines
Eigenthum diejenigen Vermögensrechte, welche unmittelbar auf allgemeinen
(iesetzen beruhen, für besonderes Eigenthum des Staates die Vermögens-
rechte, welche, wie insbesondere die Domänen, durch besondere Rechtsthat-
sachen erworben sind. Diese Auffassung erscheint unvereinbar mit den Be-
stimmungen des positiven Rechts. Das Eigenthum des preussischen Staates
an einem Theile seiner Domänen, den 1810 säkularisirten geistlichen Gütern
beruhte auf einem allgemeinen Gesetze, nicht auf besonderen Rechtsthat-
sachen. Gleichwohl werden sie dem besonderen Eigenthume des Staates zu-
zurechnen sein. Ebenso erwirbt der Staat herrenlose Sachen nicht unmittel-
bar auf Grund des Gesetzes, sondern durch Okkupation, und doch zählt das
A.T.-R.II, 14 8 22 das Recht auf herrenlose Sachen zum gemeinen Eigen-
thume. Vielmehr ergiebt sich der wahre Charakter des gemeinen Eigen-
thums aus den Bestimmungen des A. L.-R. II, 14 8$ 24 ff. Die Nutzungs-
rechte des gemeinen Eigenthums sind die an sich dem Staate zustehenden,
aber an Privatpersonen verleihbaren niederen Regalien. (femeines Eigenthum
des Staates ist also das Eigenthum desselben an solchen körperlichen Sachen
oder Rechten, die ihrer Substanz nach keinem anderen Rechtssubjekte als
dem Staate zustehen können, deren Nutzung jedoch entweder der Staat selbst
oder eine Privatperson kraft staatlicher Verleihung haben kann. (Gemeines
Eigenthum und Regalien verhalten sich zu einander wie Proprietäts- und
Nutzungsrechte an demselben Gegenstande.
Bei Behandlung des Wegerechts, 8. 653, erscheint unzutreffend die
Identifizirung der Chausseen mit den Land- und Heerstrassen. Das A. L.-R.
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