— 465 —
Dagegen: Die Gliedstaaten und das Reich sind Gebiets-
körperschaften mit Gebietshoheit. (pag. 406).
Das letzte Glied der Formel ist für sich allein gewiss richtig.
Es mag darum dahin gestellt bleiben, ob der Umfang der Gebiets-
hoheit, den der Verf. den deutschen Einzelstaaten beilegt, sich
rechtfertigen lässt. Dass Gebietsveränderungen zwischen deutschen
Gliedstaaten selbst dann ausschliesslich durch den Willen dieser
Staaten erfolgen, wenn es sich um die Einverleibung des einen in
den anderen, also um den Fortfall eines bisherigen Gliedes des
Reiches oder um Neubildung eines Staates aus (Gebietstheilen
anderer, also um Einfügung eines neuen Gliedes in das Reich
handelt — diese Behauptung (pag. 409) widerspricht der Wort-
fassung des ersten Artikels der Reichsverfassung, welche das
Bundesgebiet nicht nur nach Aussen abgrenzt, sondern durch
Aufzählung der Einzelstaaten — wobei allerdings Preussen „mit
Lauenburg“ nur als Ein Glied aufgezählt ist — im Innern gliedert.
Darum hätte die Auffassung von PREUSS zum mindesten einer
tieferen Begründung durch die Erörterung bedurft, welche Rück-
wirkungen denn die Vermehrung oder Verminderung der Einzel-
staaten auf die verfassungsmässigen Organisationen und Funktionen
des Reiches ausübt. Erst dann hätte die Richtigkeit oder Un-
richtigkeit seiner Auffassung einen gesicherten Massstab gefunden.
Aber trotz der Richtigkeit des Einen Gliedes, so ist doch
die Unterscheidungsformel im Ganzen, in ihren beiden sich ent-
sprechenden Gliedern durchaus unbefriedigend.
Sie ist es zunächst, weil der Verf., wie er muss, anerkennt,
dass die Gebietshoheit des Reiches und der Einzelstaaten eine
nur beschränkte ist dergestalt, dass Gebietsveränderungen des
einen Theiles, welche zugleich das Gebiet des anderen Theiles
betreffen, einen entsprechenden Staatsakt beider Theile — den Fall
des Kriegs- und Friedensrechtes des Reiches bei Seite gelassen —
zu ihrer Gültigkeit voraussetzen. Ist dies aber der Fall, so drängt
sich nothwendig der Zweifel auf, ob denn nicht auch bei den