Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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l. Das bewährt sich selbst an den trefflichen Auseinander- 
setzungen des Verf. über das Verhältniss von Recht und 
Staat (cap. 8). Dem vollkommen richtigen Satze: „Der Staat 
ist undenkbar ohne das Recht“, parallelisirt er den anderen Satz: 
„Das Recht ist nicht ohne den Staat.“ Allein dieser letzte Natz 
ist, verstanden im gemeingültigen Sprachgebrauche, durchaus un- 
richtig. Der Verf. kann ihn nur gewinnen, indem er in der Ur- 
gesellschaft, in der Familie bereits eine Entwicklungsform 
des Staates sieht. Aber die Familie ist nicht Staat oder sie 
ist es doch nur, wenn man den Begriff Staat in den allgemeinen 
Begriff Gesellschaft oder Verband auflöst. Der Staat ist viel- 
mehr eine aus der allgemeinen Erscheinung der Gesellschaft oder 
der gesellschaftlichen Verbände sich differenzirende, spezi- 
fische Erscheinung, die erst durch das Hinzutreten besonderer 
Bedingungen real, durch die Hervorhebung besonderer Merkmale 
begrifflich gebildet wird. Und genau so wie bei der Familie 
und mit dem nämlichen Fehler, durch Eliminirung der differen- 
zirenden Bedingungen und Merkmale die besonderen Erscheinungen 
und Begriffe in’s Allgemeinen verschwimmen zu lassen, betrachtet 
der Verf. die Anfänge internationaler Organisationen als weiter 
entwickelte Formen nicht der allgemeinern Idee der Gesellschaft 
oder der gesellschaftlichen Verbände, sondern der Staatsidee. 
2. In derselben Gedankenfolge löst PrEeuss zum Schaden 
wissenschaftlicher Präzisirung den Begriff der Selbstverwaltung 
auf (cap. 8 pag. 218ff.).. Mit vollem Rechte hebt er hervor, wie 
an allen „Gesammtpersonen“, an allen zur Einheit des Wollens und 
Handelns organisirten Vielheiten die drei Grundfunktionen, die 
man am Staate als „Gesetagebung“, „Verwaltung“ und „Rechts- 
sprechung“ zu unterscheiden pflegt, sich der Anlage nach 
wiederfinden, wenn auch der Ausbildung nach in versehieden- 
artiger Steigerung, Abschwächung, Mischung. Gilt dies doch 
selbst von den komplizirter gestalteten Sozietäten des Individual- 
rechtes. Der Verf. betont es mit nicht minderem Rechte, dass
	        
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