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eine Parodoxie in der verwegensten Bedeutung des Wortes ist
es, wenn der Verfasser die begriffliche Zwecklosigkeit
aller politischen Gebilde proklamirt. „Der gewordenen
Körperschaft“ — so sagt er pg. 281 — „ist ein bestimmter Zweck
begriflich fremd; denn sie ist das naturnothwendige Produkt
organischer Entwicklung, als welches sie — wie jedes organische
Naturerzeugniss — wohl Früchte tragen, eine Wirkung äussern,
aber keinen Zweck haben kann.“ Das ist die vollkommene Ver-
kennung des spezifischen Unterschiedes, der zwischen unter-,
menschlichen und menschlichen Organismen obwaltet. Gewiss
kann am Individuum, an der „gewordenen Körperschaft“ in einer
theoretischen Abstraktion der leere Begriff der Willensmacht,
der Persönlichkeit aufgewiesen werden. Aber wenn es wahr ist,
dass ein realer Wille nur durch seinen Inhalt begriffen werden
kann; wenn es ferner wahr ist, dass der Inhalt des Willens, als
Vorstellung des wollenden Subjektes davon aufgefasst, dass und
was es will, nichts Anderes ist als der Zweck; wenn es endlich
wahr ist, dass der Staat wie das Recht thatsächlich Willensver-
hältnisse sind — wenn das Alles wahr ist, dann wird es niemals
gelingen, sich die realen Erscheinungen des Staates und des
Rechtes begriflich zu verdeutlichen ohne Hereinziehung des
Zweckmomentes.. Ohne dasselbe werden sie abstrakte Schemen
bleiben. Freilich und ganz selbstverständlich: dem Staate wie
dem Rechte wohnen spezifische Zwecke inne, die sich zu
andern menschlichen Zwecken (sittlichen, religiösen, wirthschaft-
lichen, technischen Zwecken) entweder nur als Mittel oder gänz-
lich fremd verhalten. Es ist aber eine grobe Täuschung, als ob
mit der logisch nothwendigen Zurückweisung der dem Staate
und dem Rechte fremden oder darüber hinausliegenden Zwecke
aus den ihnen geltenden Begriffsbestimmungen, das Moment der
spezifisch staatlichen und rechtlichen Zwecke selbst eliminirt sei.
So erweist sich denn auch an diesem Punkte die organische
Auffassung, wie sie PREUSS versteht, als nicht geeignet, um die