Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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Rechtes erkannte, suchte den Weg zur begrifflichen Erkenntniss 
der in der Wirklichkeit vorliegenden Verhältnisse ausschliesslich 
in der Interpretation der Quellen. Da nun im vorliegenden Falle 
die Quellen stets nur von der Uebernahme der Verwaltung Bos- 
niens und der Herzegowina sprechen, der Constituirung eines 
unzweideutigen Definitivums sorgsam aus dem Wege gehen und 
zum grossen Theile eigentlich bloss völkerrechtlicher Natur sind, 
so kam die Wissenschaft zu dem Schlusse, den Bestand eines 
staatsrechtlichen Verhältnisses Bosniens und der Herzegowina zur 
österreichisch-ungarischen Monarchie in Abrede zu stellen und 
entweder die Verwaltung dieser beiden Provinzen seitens Oester- 
reich-Ungarns als eine provisorische, einer wissenschaftlichen Be- 
griffsbestimmung unfähige, eine blosse Uebergangsstufe bildende 
Singularität zu erklären, oder für dieses Verhältniss eine neue 
Kategorie der völkerrechtlichen Staaten - Verbindungen aufzu- 
stellen ®). 
Die erstere Erklärung ist offenbar unzureichend. Ein Pro- 
visorium, das 12 Jahre dauert und aller menschlichen Voraus- 
sicht nach noch eine runde Anzahl von Jahren dauern wird, ist 
doch offenbar keine vorübergehende Erscheinung, über deren 
Singularität man sich hinweg setzen könnte. Passt die bisherige 
Staatslehre nicht auf dieses Verhältniss, so ist das nur ein schla- 
gender Beleg, dass sie nicht erschöpfend ist. Bekanntlich hat 
man ja auch dem bundesstaatlichen Problem dadurch ausweichen 
wollen, dass man die Institution desselben als einen vorüber- 
gehenden Zustand erklärte. Dem gegenüber hat bereits LABAND 
mit Recht eingewendet, dass ein staatsrechtlicher Zustand nicht 
darnach beurtheilt werden darf, wozu er sich im Laufe der Zeit 
P) Vgl. ULprioH „österr. Staatsrecht“ S. 792 ff. JELLINEK, „die Lehre 
von den Staatenverbindungen“ S. 114ffl. DANnTscHhER („der monarchische 
Bundesstaat Oesterreich-Ungarn“) berührt die Frage nicht, wie das Verhält- 
niss Bosniens und der Herzegowina zu der österr.-ungarischen Monarchie 
juristisch zu erklären ist.
	        
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