Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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her die Erkenntniss des Souveränitätsbegriffes verdunkelt haben, 
und es ist kein Zweifel, dass auch der Wortlaut der Convention 
von der herrschenden Souveränitätslehre, welche die Souveränität 
als ein Recht auffasst, beeinflusst worden ist. Dem gegenüber 
muss festgehalten werden, was bereits LABAND und JELLINEK 
erkannt, aber nicht zu voller Klarheit gebracht und auch nicht 
immer festgehalten haben, dass Souveränität eine Eigenschaft ist 
und kein Recht. Souveränität oder Supremitas ist die Eigenschaft 
einer potestas, die suprema zu sein. Diese Eigenschaft hat nur 
die Staatsgewalt. Souveränität ist also eine Eigenschaft der 
Staatsgewalt, ist der Zustand, dass die Herrschergewalt im 
Verhältniss zu allen anderen Gewalten die höchste, oberste, die 
unwiderstehlich zwingende ist. Die Souveränität ist kein Recht, 
wie das Eigenthum oder das Wahlrecht, sondern der Zustand 
der eine Menschengruppe staatlich beherrschenden Gewalt, deren 
Befehle, mögen sie auf diesem oder jenem Wege entstanden sein, 
mag der Inhalt derselben dem Belieben eines Einzelnen oder der 
Berathung einer Mehrheit entstammen, mögen sie in der allge- 
meinen Form der Rechtsordnung oder in der speciellen des Ver- 
waltungsbefehles auftreten, gegenüber sämmtlichen Unterthanen 
die vis cogendi, nicht bloss die vis obligandi besitzen. Der Be- 
stand einer mit der Eigenschaft der Souveränität bekleideten 
Macht ist die Voraussetzung des Bestandes einer Rechtsordnung. 
Also kann die Souveränität offenbar nicht selbst ein Recht sein, 
das auf der Rechtsordnung gründet, Man kommt da zu der 
Annahme: Die Rechtsordnung befiehlt, dass eine Macht mit Un- 
widerstehlichkeit. zwingend befehle. Damit aber die Rechtsordnung 
überhaupt befehlen kann, damit die Normen der Rechtsordnung 
zu Befehlen werden, muss eine unwiderstehliche Macht da sein, 
welche ihre Befehle zu erzwingen im Stande ist. Souveränität 
ist also der Zustand der Uebermacht, der Fähigkeit, einen für 
alle Unterthanen verbindlichen Willen zu äussern, und zwar nicht 
bloss insofern verbindlich, dass die Verbindlichkeit auf einem
	        
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