Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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wird, dass Bosnien und die Herzegowina in keinem staatsrecht- 
lichen Verbande zu Oesterreich-Ungarn stehen, so wird zunächst 
die Frage zu beantworten sein, was unter einem staatsrechtlichen 
Verband zu verstehen ist. Eine erschöpfende Erörterung dieser 
Frage müsste die Begriffs- und Grenzbestimmungen des Bundes- 
staates und Staatenbundes umfassen und auch der — unseres 
Erachtens von einem ganz anderen Eintheilungsgrunde beherrsch- 
ten — Unterscheidung zwischen Real- und Personal-Union nach- 
gehen. Eine solche Erörterung kann in dem Rahmen dieser 
Untersuchung nicht gegeben werden. Es genügt aber für den 
vorliegenden Fall, den Begriff des Staates festzuhalten. Der Staat 
ist der Zustand der Beherrschung einer ansässigen Menschen- 
gruppe innerhalb eines bestimmten Gebietes. So weit also die 
Herrschaft reicht, so weit eine mit der suprema potestas, mit der 
Macht des unwiderstehlichen Befehlens ausgerüstete Gewalt die 
Unterthanen beherrscht, so weit ıst die beherrschte Unterthanen- 
Vielheit zu einem staatsrechlichen Ganzen verbunden. Das Ver- 
hältniss der Beherrschung beruht ja immer darauf, dass ein Theil 
der Individuen-Vielheit eines Gebietes seine Macht dem Herrscher 
zur Verfügung stellt, so dass dieser Kraft der Uebermacht dieser 
mächtigeren Gruppe die Gesammtheit und jeden Einzelnen be- 
herrscht. Ob diese Gruppe es thut, auf Grund der freien, sitt- 
lichen Ueberzeugung von der Nothwendigkeit und Gerechtigkeit 
des Gebotes oder in blindem Autoritätencultus, ist für die 
begriffliche Erfassung des Thatbestandes gleichgiltig 13), Diese 
Gruppe ist dann die sogenannte „herrschende“ Mehrheit, so 
genannt, weil sie es ist, welche den Herrscherwillen determinirt. 
Ob diese Mehrheit ') ihre Macht auf ihr intellectuelles oder 
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18) Das ist aber der Grund, weshalb jeder Herrscher die jeweils vor- 
handene sittliche Ueberzeugung der Unterthanen-Mehrheit beachten muss. 
Sobald er sich mit dieser in Widerspruch setzt, entbehren seine Befehle der 
zwingenden Macht. Vgl. Empirische Untersuchungen, $. 203 (gegen FRIcKER). 
14) Mehrheit ist nicht arithmetisch, sondern dynamisch zu nehmen. 
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