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zweideutigen Definitivums sorgsam aus dem Wege. Die Verwaltung
Bosniens und der Herzegowina, wird demnach behauptet, ist der
österreichisch-ungarischen Monarchie nur provisorisch übertragen
worden. Kann man nun gleichwohl von einer staatsrechtlichen
Verbindung sprechen? Und selbst wenn dies der Fall ist, welche
Aenderungen ergeben sich für den Begriff des staatsrechtlichen
Verbandes aus dem provisorischen Charakter? Oder ist man
nicht etwa um dieses Umstandes willen gezwungen, hier doch nur
ein völkerrechtliches Verhältniss und speciell eine neue Form von
Staatenverbindungen anzunehmen ?
Hier müssen wir vor allem die Frage aufwerfen, worin liegt
der provisorische Charakter der der österreichisch - ungarischen
Monarchie übertragenen Verwaltung ? Die Berliner Congress-Acte
enthält nichts davon, sondern spricht nur aus, die Provinzen
Bosnien und die Herzegowina werden von Oesterreich - Ungarn
besetzt und verwaltet werden. Eine zeitliche Beschränkung ist darin
nicht ausgesprochen. Die Annahme, dass die Verwaltung mit
einem „dies“, wenn auch „dies incertus“ befristet sei, wurzelt aus-
schliesslich in dem Umstande, dass die Congress-Acte nicht aus-
drücklich die Uebernahme der Verwaltung „für ewige Zeiten“
aussprach, wie dies sonst bei Gebietsabtretungen der Fall zu sein
pflegt. Aber diese argumentatio e contrario ist hier offenbar
unzulässig. Daraus, dass die Verwaltung an Oesterreich-Ungarn
nicht ausdrücklich für ewige Zeiten übertragen wurde, kann man
doch nicht ableiten, dass sie nur für eine gewisse Zeit übertragen
worden ist. Wann soll das Ende dieses Provisoriums eintreten?
Falls keine neue völkerrechtliche Vereinbarung getroffen wird,
gar nie! Denn in jedem Augenblicke, wo etwa die Pforte die
Verwaltung der occupirten Provinzen wieder an sich ziehen wollte,
stünde dem der Wortlaut der Congress-Acte und der Convention
entgegen, wornach die Verwaltung an Oesterreich-Ungarn über-
tragen ist. Die Möglichkeit aber, durch eine neue völkerrecht-
liche Vereinbarung eine Beendigung dieser Verwaltung her-