Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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urtheilt werden, und die Bestimmungen der früher geltend ge- 
wesenen Rechtsquelle sind höchstens Motive für den materiellen 
Inhalt der neuen. In keinem Falle aber wären die in der neuen 
Rechtsquelle eingeräumten Rechte und Befugnisse die Geltend- 
machung einer in der früheren Rechtsquelle, also diesfalls der Con- 
vention und der Berliner Oongress-Acte, eingeräumten oder vor- 
behaltenen Rechte, weil ja die objective Rechtsordnung und die 
souveräne, zwingend durchsetzende Macht fehlt, in Gemässheit 
welcher einzig und allein Ansprüche die Qualität von Rechten 
erhalten. Wenn man also selbst annehmen wollte, dass der 
türkische Vorbehalt des Rechtes auf die Souveränität irgend 
welche materielle Bedeutung hätte, so wäre damit noch immer 
nicht erwiesen, dass die Uebernahme der Verwaltung seitens 
Oesterreich-Ungarns einen staatsrechtlich provisorischen Zustand 
geschaffen hat. Denn dann würde die österreichische Verwaltung 
noch immer genau ebenso stabil und nur durch eine neue Rechts- 
quelle abänderbar sein, als die angebliche Souveränität des Sultans. 
Aber wohin kommen wir, wenn wir annehmen, dass der Sultan 
das Recht hat, das der Kaiser von Oesterreich nur ausübt? 
Wer die Souveränität übt, der hat sie nicht, und wer sie hat, 
kann sie nicht üben! Gewiss ein sonderbares Recht, das dem 
Berechtigten jede Ausübung seines Rechtes verbietet! Schon der 
schiefe Aufbau dieses angeblichen Rechtes weist darauf hin, dass 
es doch wohl kein Recht ist, was mit dem Namen Souveränität 
bezeichnet wird. 
Die Vertheidiger der türkischen Souveränität über Bosnien 
berufen sich gerne auf privatrechtliche Analogien, um die Mög- 
lichkeit der Uebertragung der Ausübung eines Rechtes salva 
substantia zu erweisen. Wenn aber z. B. das Eigenthum zeitlich 
übertragen wird, so liegt ein Eigenthum doch nur auf der einen 
oder aber auf der anderen Seite vor. Die Wissenschaft ist ja darüber 
nicht mehr uneinig, dass die Scheidung in Ober- und Nutzungs- 
Eigenthum nicht einer rechtlichen Verschiedenheit beider Begriffe,
	        
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