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gemeinsame Ministerium laut Erlasses vom 13. October 1881
Zı. 7402 B. H. den Grundsatz festgestellt, dass die Jurisdiction
des österreichisch-ungarischen Civilcommissärs in Plevlje sich auf
die im Limgebiet sich aufhaltenden Angehörigen Bosniens und
der Herzegowina ebenso wie auf österreichisch-ungarische Unter-
thanen erstrecken soll.“ Auch bezüglich des Occupationsgebietes
selbst wurde das Princip der Unterthanenhoheit Oesterreich-
Ungarns gesetzlich ausgesprochen: „Wer auswandern will, muss
hiezu die Bewilligung der Landesregierung erwirken“ ?°).
Oesterreich-Ungarn übt also die volle Herrschaft über Bos-
nien und die Herzegowina, nicht bloss über das Gebiet, sondern
auch über die Bewohner, welche durch die Uebernahme der Ver-
waltung seitens der österreichisch-ungarischen Monarchie zu deren
Unterthanen im vollen Wort- und Rechtssinn geworden sind. In
was für einem Verhältniss steht also in Folge der Convention
Oesterreich-Ungarn zu der Türkei? Die Antwort ist einfach: in
gar keinem! Die ganze „Verbindung“ dieser beiden Staaten be-
schränkt sich darauf, dass eine eventuell mögliche, neuerliche Ver-
einbarung die österreichische Herrschaft in Bosnien beendigen kann.
Wenn man aber in dieser Möglichkeit eine Staatenverbindung
sehen wollte, so müsste man eine Staatenverbindung auch zwischen
Deutschland und Frankreich annehmen, weil schliesslich die Mög-
lichkeit ja nicht ausgeschlossen ist, dass Deutschland einmal
Elsass-Lothringen an Frankreich rückabtreten müsste. Die Ueber-
nahme der Verwaltung kann unter Umständen Beziehungen zwischen
dem übernehmenden und dem übergebenden Staate erzeugen. Ob
damit eine neue Staatenverbindung geschaffen wird, ist eine Frage,
die sich nur aus den concreten Umständen durch Analyse des
einzelnen Falles beantworten lässt. Jedenfalls ist durch die „Ver-
waltungs-Uebernahme“ zwischen Oesterreich-Ungarn und der Türkei
keinerlei besonderes Rechtsverhältniss und speciell keinerlei Ver-
2) $ 1 des Erlasses der Landesregierung vom 11. October 1883
2. 19638 No. 132 der Sammlung.