Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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kommt in der vertragsmässigen Stellung von Arbeiter und Arbeit- 
geber, vermag selbst mit Unterstützung des Zwangsmoments den 
Gegensatz der wirthschaftlichen Kräfte von Arbeiter und Unter- 
nehmer nicht hinreichend®®) zu bannen. Der Staat selbst als 
Gebieter über alle Schichten der Gesellschaft muss im öffent- 
lichen Interesse seine Befehlsmacht zur Unterstützung der wirth- 
schaftlichen schwächeren Klasse der Gesellschaft einsetzen und so 
erscheinen denn die Ansprüche des Arbeiters auf Krankengeld, 
auf Unfall-, Alters- und Invalidenrente nicht als Ansprüche auf 
eine Versicherungssumme, sondern als Ansprüche auf eine öffent- 
liche Fürsorge. Der Arbeiter wird vom Staate selbst oder von 
Rechtssubjekten, welchen der Staat die öffentlichrechtliche Pflicht 
hiezu auferlegt, versorgt. DasArbeiterversicherungs- 
recht istalso nicht Versicherungsrecht im privat- 
rechtlichen Sinne des Wortes, es gehört vielmehr unter die 
Kategorie des Rechtes der staatlichen Fürsorge, es steht auf 
einer Stufe mit dem Rechte der öffentlichen Schulen, der öffent- 
lichen Impfinstitute und besonders der öffentlichen Armeneinrich- 
tungen. Das Arbeiterversicherungsrecht ist 
Arbeiterfürsorgerecht’”). 
Dieser Auffassung der Arbeiterversicherung fehlt es nicht 
an Belegstellen in den Motiven und im Texte der Reichsgesetze. 
Um nur zwei Beispiele anzuführen: Die Motive ?°) zum dritten 
Entwurfe des Unfallversicherungsgesetzes sagen: „Was die Auf- 
bringung der Kosten der Unfallversicherung anlangt, so ist davon 
auszugehen, dass die Sicherstellung der Arbeiter gegen die wirth- 
schaftlichen Folgen der Unfälle sich nicht als eine privat- 
rechtliche Verbindlichkeit des Betriebsunternehmers zum Scha- 
densersatz, sondern als eine öffentlichrechtliche Für- 
86) Ueber die Leistungen des Privatrechts gerade in dieser Richtung 
vgl. eben den eitirten Vortrag GmERKE's S. 29 und 41. 
27) Vgl. insbesondere Rosm im Deutschen Wochenblatt 1888, S. 367. 
®®) Drucks. des Reichstags 5. Legisl.-Per. Sess, 1884, No. 4.
	        
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