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gesprochen, in welcher Weise bei Vorhandensein von Ueber-
schüssen zu verfahren sei. Aus diesen Vorschriften ist wohl ein
Schluss gestattet, in welcher Weise der Gesetzgeber diese Frage
bei den den Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit ähneln-
den Verbänden der Fürsorgeberechtigten beantwortet wissen will.
Das Kr.-V.-G. v. 14. Juni 1883 hat hinsichtlich der Gemeinde-
krankenversicherung bei Vorhandensein von Ueberschüssen nur
die Herabsetzung der Beiträge und die Erhöhung der Unterstütz-
ungen, nicht aber die Zurückzahlung der erhobenen Beiträge für
zulässig erklärt. Hieraus ergibt sich: Die Beiträge sind nicht
Entgelt für die Uebernahme eines Risikos. Diese Bestimmungen
entsprechen vielmehr dem steuerartigen Charakter der Beiträge.
Die gezahlte Steuer kann vom Steuerpflichtigen nicht zurück-
gefordert werden, wenn sich herausstellt, dass der Staat Ueber-
schüsse im Staatshaushalte erreicht hat. Die Krankenversicherungs-
beiträge des Reichsrechtes sind daher Interessentensteuern, gleich-
stehend den Krankenkassenbeiträgen des Art. 20 der bayerischen
Ges. über die öffentliche Armen- und Krankenpflege v. 29. April
1869. Hat man um dieser Beiträge willen die Arbeiterkranken-
unterstützung auf Grund der Art. 11 u. 20 dieses (sesetzes vor
der Zeit unserer Sozialgesetzgebung des Reiches jemals als Ver-
sicherung im Sinne des Privatrechts aufgefasst? Jetzt spricht
man allerdings in dieser Richtung von Krankenpflegeversicherung,
Beweis das württembergische Gesetz v. 16. Dezember 1888 (R.-Bl.
S. 413) über Krankenpflegeversicherung°®).
Man hat weiter, die Arbeiterversicherungskassen des Reichs-
rechts reine Gegenseitigkeits-Versicherungsanstalten genannt °°).
Dazu ist doch erforderlich, dass die Mittel zur Zahlung der
Unterstützungen und zur Führung der Verwaltung allein von
den Versicherten bezw. Versicherungsnehmern aufgebracht werden.
65) Vgl. hierzu WOoEnDTEE, Art. Krankenversicherung in v. Stengels
Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts Bd. I S. 852.
50) KÖHne, a. a. O. S. 101.