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wird sogar Orts-Krankenkassen-Mitgliedern, welche erwerbslos
werden, auf die Dauer ihrer Erwerbslosigkeit für einen gewissen
Zeitraum ein Anspruch auf gesetzliche Mindestleistungen gewährt.
Bei der Invaliditäts- und Altersversicherung ist allerdings
neben entsprechender Arbeitsleistung die Leistung von Beiträgen
für eine bestimmte Zeit Voraussetzung des Rentenanspruchs,
allein auch hier kommt der Grundsatz der Unabhängigkeit des
Rentenanspruchs von wirklicher Beitragsleistung wenigstens inso-
ferne zum Ausdruck, als die Zeiten unverschuldeter Krankheit,
welche Erwerbsunfähigkeit verursacht, als Beitragszeiten ange-
rechnet werden, obschon für die Dauer einer solchen Krankheit
weder vom Arbeiter noch vom Arbeitgeber noch vom Reiche
Beiträge entrichtet werden (I.-A.-V.-G. & 17).
Wenn aber — und dies beweist auch diese letztere Bestim-
mung — die Anwartschaft auf Unterstützung nicht
immer und nicht nothwendigerweise mit einer Ver-
pflichtung zur Beitragsleistung korrespondirt,
dann können Unterstützungsanspruch und Beitragspflicht nicht
die zwei einander als Leistung und Gegenleistung
entsprechenden Seiten ein und desselben Rechtsverhält-
nisses sein, wie es das Wesen des privaten Versicherungsverhält-
nisses fordert, sondern Unterstützungsanspruch und Beitragspflicht
sind dann als zwei einseitige, rechtlich getrennte Rechtsver-
hältnisse aufzufassen, in deren jedem der eine nur berechtigt, der
andere nur verpflichtet ist, ein Fürsorgeverhältniss und ein Beitrags-
verhältniss. Ersteres kann ohne letzteres bestehen. Beide haben nur
ein Thatbestandsmoment gemeinsam, das Vorhandensein einer für-
sorgeberechtigten Person. Ein rechtliches Verbindungsglied
ist dadurch für beide Verhältnisse nicht hergestellt, denn der Für-
sorgeberechtigte und der Zahlungspflichtige können verschiedene
"Personen sein und sind es in Wirklichkeit sehr oft °').
61) Vgl. die packenden Ausführungen von Rosm im Deutschen Wochen-
blatt S. 367 und Lagann II S. 246 ff.