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Die Behauptung R. v. Monr’s (württemberg. Staatsr. $ 37)
und v. Rönne’s (a. a. O. Ia 8 58, Anm. 3), dass bei Ausübung
des Begnadigungsrechtes die (Gegenzeichnung nur den Zweck
habe, die Gewissheit des königlichen Willens und der kgl. Unter-
schrift zu beglaubigen, eine Verantwortlichkeit der Minister aber
nicht anzunehmen sei, erscheint als unzutreffend. Der von MEYER
(Deutsches Staatsrecht 8 84 g. E.) zur Widerlegung der Behaup-
tung v. Monr’s angeführte Grund: „Dem königlichen Begna-
digungsrechte seien (z. B. in Preussen durch Art. 49 der Ver-
fassung) gewisse Grenzen gezogen und für Einhaltung dieser
Grenze tragen die Minister allerdings die Verantwortlichkeit“ ist
freilich nicht erschöpfend. Er umfasst nur Fälle, in welchen das
Begnadigungsrecht durch gesetzliche, das Begnadigungsrecht un-
mittelbar betreffende, Vorschriften beschränkt ist.
Es sind aber auch Fälle denkbar, in welchen die durch keine
solche Vorschrift beschränkte Begnadigung einen verbrecherischen
Zweck verfolgt. Für Ausübung des Begnadigungsrechtes in solchen
Fällen ist der Minister ebenfalls verantwortlich. Z. B. kann ein
Justizminister, der in der Absicht, einen Theil des Bundesgebietes
einem fremden Staate gewaltsam einzuverleiben, die Begnadigung
des wegen irgend einer Handlung in Strafhaft befindlichen Hauptes
einer auf diese Einverleibung gerichteten Verschwörung unter-
zeichnet, (nach Ergehen eines dem Art. 61 der preuss. Verfassung
entsprechenden Gesetzes) nach Massgabe des Art. 61 angeklagt
werden.
Die Annahme, dass der Art. 44 in irgend einer Beziehung
durch den Art. 49 beschränkt werde, ist unzutreffend.
Da die Ausübung der Rechtspflege zu den Staatshoheits-
rechten gehört, so gehört auch die Hemmung der Rechtspflege
dazu (A.-L.-R. Th. II Tit. 13 88 7 ff.).
Wenn der Wortlaut des Art. 49 für die erwähnte Behaup-
tung angeführt werden könnte, müsste der Wortlaut des Art. 45
zu der Annahme führen, dass nicht der Art. 45 durch den Art. 44,
sondern dass vielmehr der Art. 44 durch den Art. 45 beschränkt
werden solle. Diese Annahme ist aber ganz ausgeschlossen.
Ausweislich der über die Ministerverantwortlichkeit gepflogenen