Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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liche, wie auf das Strafrecht beziehen. Man müsste, wenn man 
von dem Vorhandensein des Art. 61 und von der Entstehungs- 
geschichte des Art. 44 absehen und den blossen Wortlaut des 
letzteren berücksichtigen dürfte, nicht bloss (nach Massgabe eines 
künftigen Gesetzes) der Landesvertretung, sondern schon jetzt der 
Staatsanwaltschaft und Privatpersonen Befugnisse aus diesem Art. 
zuschreiben. Nach der mitgetheilten Entstehungsgeschichte des 
Art. 44 und dem Art. 61 wollte man indessen nur eine straf- 
rechtliche Verantwortlichkeit und nur für Verfassungsverletzung, 
Bestechung und Verrath festsetzen. 
Den Kammern sollte wegen dieser Handlungen ein Anklage- 
recht beigelegt werden. Dieses Anklagerecht sollte für diejenigen 
dieser Handlungen, welche erst in Gemässheit des Art. 61 unter 
Strafe gestellt werden würden, nur den Kammern zustehen. 
In dem Entwurfe eines Ministerverantwortlichkeitsgesetzes 
von 1850 war z. B. unter Strafe gestellt die Annahme von Ge- 
schenken einer auswärtigen Regierung. Solche Bestechung eines 
Ministers würde bei gleichzeitiger Bestechung der Parteihäupter 
des Landtages eine Anklage gegen den Minister schwerlich herbei- 
führen. 
Der König würde, da er kein Mittel hätte, den Thatbestand 
handgreiflich durch ein gerichtliches Verfahren festzustellen, sich 
durch Entlassung des Ministers mit dem Verdachte der Willkür, 
durch Beibehaltung mit dem der Mitschuld belasten. 
Die Ansicht Kısker’s (Sten. Ber. über die Sitzungen der 
ersten Kammer 1850/1 Bd. 2 S. 954) und ©. F. Kocn’s (Kom- 
mentar des preuss. Landrechtes, Anm. 24 zu Art. 61 der V.-U.), 
dass der Abs. 1 des Art. 61 auch ohne das im Abs. 2 vor- 
behaltene besondere Gesetz zur Anwendung kommen könne, 
dürfte wegen der Untrennbarkeit der beiden Absätze des Art. 61 
nicht zutreffen. 
Dennoch dürfte anzunehmen sein, dass die Worte des Art. 44 
„— welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt“ 
schon für die gegenwärtige Rechtslage von Bedeutung sind. 
Ein preussischer Minister hat auf Grund des für Civilbediente 
massgebenden $ 88 Th. II Tit. 10 A. L.-R. die genaueste Auf-
	        
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