Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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merksamkeit auf die pflichtmässige Führung seines Amtes zu ver- 
wenden und zur Führung des letzteren gehört auch die Gegen- 
zeichnung. 
Nach dem bis zur Verfassung vom 5. Dezember 1848 in 
Preussen geltend gewesenen Rechtszustande war die Gegenzeich- 
nung eines Ministers unter den Erlassen des Königs zwar (wie 
in dem Erlasse vom 25. März 1719, der in Rabe’s Sammlung 
abgedruckt ist, bezeugt wird) gewöhnlich, aber zur Gültigkeit 
dieser Erlasse nicht erforderlich. Sie zog auch eine Verantwort- 
lichkeit nur dem Könige gegenüber nach sich. Für den von dem 
Könige genehmigten Inhalt konnte der Minister wohl durch An- 
rathen desselben, nicht aber durch seine Gegenzeichnung ver- 
antwortlich werden. Ein allgemeiner Grundsatz, dass jeder, dessen 
Unterschrift zur Gültigkeit einer Urkunde erforderlich ist, dadurch 
eine Haftung für eine in der Urkunde enthaltene Rechtsverletzung 
übernehme, kann nicht behauptet werden. Nach 88 15, 41, 42 
der preuss. Notariatsordnung vom 11. Juli 1845 hat z. B. eine 
nicht von Zeugen unterzeichnete Schrift nicht die Kraft einer 
Notariatsurkunde. Aber Niemand hat jemals meines Wissens 
einem Zeugen aus dessen blosser Unterschrift eine Haftbarkeit 
für eine in der Urkunde enthaltene Rechtsverletzung auferlegt. 
Indessen ist durch die Schlussworte des Art. 44 ausser Zweifel 
gestellt, dass der Minister als Mitaussteller der von ihm unter- 
zeichneten Urkunde aufgefasst werden muss. Es kann somit nicht 
davon die Rede sein, dass der Minister sich zu seiner Deckung 
auf einen königlichen Befehl berufen könne. Vielmehr gehört die 
selbständige Prüfung der vom Könige vollzogenen Regierungs- 
handlung zu seinen Amtspflichten. 
b. 
Der Art. 17 der R.-V. gibt dem Oberhaupte des Reiches 
und dem Kanzler eine von der des Königs von Preussen und 
seiner Minister erheblich abweichende Stellung. Der Kaiser ist 
für die. Ausübung der ihm von den anderen deutschen Staaten 
übertragenen. Landeshoheitsrechte diesen Staaten nach dem Vor- 
bilde eines geschäftsführenden Gesellschafters völkerrechtlich ver-
	        
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