— 568 —
merksamkeit auf die pflichtmässige Führung seines Amtes zu ver-
wenden und zur Führung des letzteren gehört auch die Gegen-
zeichnung.
Nach dem bis zur Verfassung vom 5. Dezember 1848 in
Preussen geltend gewesenen Rechtszustande war die Gegenzeich-
nung eines Ministers unter den Erlassen des Königs zwar (wie
in dem Erlasse vom 25. März 1719, der in Rabe’s Sammlung
abgedruckt ist, bezeugt wird) gewöhnlich, aber zur Gültigkeit
dieser Erlasse nicht erforderlich. Sie zog auch eine Verantwort-
lichkeit nur dem Könige gegenüber nach sich. Für den von dem
Könige genehmigten Inhalt konnte der Minister wohl durch An-
rathen desselben, nicht aber durch seine Gegenzeichnung ver-
antwortlich werden. Ein allgemeiner Grundsatz, dass jeder, dessen
Unterschrift zur Gültigkeit einer Urkunde erforderlich ist, dadurch
eine Haftung für eine in der Urkunde enthaltene Rechtsverletzung
übernehme, kann nicht behauptet werden. Nach 88 15, 41, 42
der preuss. Notariatsordnung vom 11. Juli 1845 hat z. B. eine
nicht von Zeugen unterzeichnete Schrift nicht die Kraft einer
Notariatsurkunde. Aber Niemand hat jemals meines Wissens
einem Zeugen aus dessen blosser Unterschrift eine Haftbarkeit
für eine in der Urkunde enthaltene Rechtsverletzung auferlegt.
Indessen ist durch die Schlussworte des Art. 44 ausser Zweifel
gestellt, dass der Minister als Mitaussteller der von ihm unter-
zeichneten Urkunde aufgefasst werden muss. Es kann somit nicht
davon die Rede sein, dass der Minister sich zu seiner Deckung
auf einen königlichen Befehl berufen könne. Vielmehr gehört die
selbständige Prüfung der vom Könige vollzogenen Regierungs-
handlung zu seinen Amtspflichten.
b.
Der Art. 17 der R.-V. gibt dem Oberhaupte des Reiches
und dem Kanzler eine von der des Königs von Preussen und
seiner Minister erheblich abweichende Stellung. Der Kaiser ist
für die. Ausübung der ihm von den anderen deutschen Staaten
übertragenen. Landeshoheitsrechte diesen Staaten nach dem Vor-
bilde eines geschäftsführenden Gesellschafters völkerrechtlich ver-