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gewiesen sein, dass die Kontingentsverwaltungen (ausser Bayern) zu
allen Abweichungen vom Etat die Genehmigung des Reichskanzlers
einzuholen haben. Der Rechnungshof kann den Nachweis dieser
(senehmigung fordern. Durch eine Gegenzeichnung des Reichs-
kanzlers unter einer Niederschlagungsordre kann der Nachweis
indessen nicht geführt werden. Der Reichskanzler hat Kabinets-
ordres des Königs von Preussen überhaupt nicht gegenzuzeichnen.
Der Kaiser ist nicht Kontingentsherr. Die Gegenzeichnung des
Art. 17 der R.-V. bezieht sich auf Anordnungen des Kaisers,
welche im Namen des Reiches erlassen werden.
LaABanD (2. Aufl. 18. 355£.) nimmt an: Die Verantwortlichkeit
des Reichskanzlers sei nicht zu einem Rechtsinstitute gestaltet; es
fehle an Anordnungen, worauf sie sich erstrecke, wer befugt sei,
sie geltend zu machen, welches Verfahren dabei einzuschlagen sei,
welche Wirkungen mit ihr verbunden seien, dieselbe sei daher
nur ein politisches Prinzip, das seiner Verwirklichung durch
Rechtssätze noch harrt.
Die Beweisführung LABAnD’s a. a. O. durch Berufung auf
den unbestimmten und, wie oben gezeigt, von der Verfassungs-
revisionskommission der zweiten Kammer unrichtig aufgefassten
Begriff des „konstitutionellen Staatsrechtes® ist allerdings zum
Nachweise letzterer Auffassung nicht geeignet. Ebenso wenig
beweisen die stenographischen Berichte über die Verhandlungen
des Reichstages von 1867, dass es beabsichtigt wurde, die Ver-
antwortlichkeit des Art. 17 in demselben Sinne aufzufassen, in
welchem in der preussischen V.-U. von Verantwortlichkeit ge-
sprochen wird.
Allerdings dürfte die von LABAND a. a. O. erwähnte Meinung
HENsEL’s:
„DieVerantwortlichkeit des Reichskanzlers sei völlig identisch
mit der für jeden Reichsbeamten begründeten Haftung für die
Gesetzmässigkeit sciner Handlungen“
für jetzt noch zutreffen. Zu vergleichen ist damit der andere
Ausspruch
Laganp’s (II. 2 8 123):
„Die Publikation des Etatsgesetzes muss in der Form er-
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