Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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Abstimmung unterliegen, nur handelt es sich eben jetzt bei den Kantonen 
wesentlich nur noch um sogenannte Konkordate über nichtpolitische Dinge. 
Ein Staatsvertrag mit dem Auslande ist in unserer modernen Geschichte 
noch niemals weder von der Eidgenossenschaft, noch von einem Kanton dem 
Referendum unterworfen worden und es würde das wohl auch den Regeln des 
völkerrechtlichen Verkehrs zu sehr widersprechen. 
In neuester Zeit, seit Entstehung der hier besprochenen Schrift hat die 
Frage der Initiative insofern einen sehr bemerkenswerthen Fortschritt ge- 
macht, als nun der Bundesrath eine Abänderung der bestehenden Revisions- 
Artikel der Bundesverfassung in dem Sinne vorschlägt, dass 50,000 Initianten 
auch die Partialrevision (Abschaffung oder Einführung eines bestimmten 
Verfassungsartikels) begehren können. Bis jetzt war dies nach der Praxis nur 
in der Weise der Fall, dass eine solche Initiative als ein Antrag auf Ver- 
fassungsrevision überhaupt aufgefasst wurde. Wenn diese Revision an- 
genommen wird, woran kaum zu zweifeln ist, so ist dies ein Schritt näher zu 
dem von sehr zahlreichen Stimmen befürworteten Einführung des obligato- 
rischen Referendums in die Eidgenössische Verfassung®). 
Der Verfasser dieser Besprechung ist persönlich der Ansicht, dass dat 
obligatorische Referendum, obwohl es die consequentere Durchführung dieses 
Volksgesetzgebungsrechtes ist und ohne Zweifel die Zukunft, vielleicht noch in 
weiteren Kreisen, als die Schweiz allein, für sich hat, für die eidgenössi- 
schen Verhältnisse speziell weniger geeignet sei, als das facultative, das 
freilich einer etwas besseren Organisation, als die jetzige, bedürfte®). 
Eine eidgenössische Initiative hält er, im Gegensatz zu den meisten Leuten 
seiner politischen Anschauung, ebenfalls für eine praktisch bedenkliche Er- 
gänzung, indem dieselbe die ohnehin schon unaufhörliche Revolution in der 
(Gesetzgebung noch vermehren und das Schicksal des Staates in die Hände 
einzelner Agitatoren, oder namentlich von Vereinen und Klassenvertretungen 
legen würde”), die nach und nach einen „Staat im Staat“ zu bilden gesonnen 
und geeignet wären und den wirklichen Staatsbehörden kaum etwas weiteres 
als die Ausführung ihrer Gedanken übrig lassen würden. Käme noch die 
Minoritäten-Vertretung mit mandat imp6rativ der Gewählten dazu, so wären die 
repräsentativen Theile des Staatskörpers voltständig paralysirt. Hilty. 
5) Ueber diese Verfassungsrevision und die Frage der Initiative speciell 
verweise ich auf das im September erscheinende „Politische Jahrbuch der 
schweizerischen Eidgenossenschaft*, Artikel I. „Freiheit* und die Jahres- 
übersicht, die darüber Näheres enthalten. 
#) Dieselbe steht übrigens auch durch ein neues Gesetz bevor. 
7) Wie leicht es ist 50,000 Stimmen für irgend etwas Neues zusammen- 
zubringen (und mehr würde man wohl nie verlangen) zeigte in diesem Jahre 
die Agitation für das „quadratische“ Schweizerkreuz, an dem Niemand ein 
wahres Interesse besass, und die es dennoch auf über 30,000 Stimmen brachte.
	        
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