Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

— 598 — 
D. R. 1884 S. 346 ausgesprochen.) Abgesehen von anderen Einwendungen 
ist es heute doch ausser allen Zweifels, dass der Staat auch Privatrechts- 
geschäfte abschliessen kann! Diese rein äusserliche formalistische Abgrenzung 
führt uns keinen Schritt weiter in der Lösung der ebenso wichtigen wie 
schwierigen Frage. 
Auf rein privatrechtliche Untersuchungen ist nicht näher hier ein- 
zugehen. Besonders betont sei aber die reiche Berücksichtigung, welche der 
Verfasser dem Entwurfe e. B. G.-B. zuwendet. So z. B. 8. 272 für die 
Eigenthumsdefinition des Entwurfes; S. 281 p. Rechtssatz Kauf bricht Miethe; 
S. 357 p. Gegenstand der Obligation,; S. 366 Begriff derselben; S. 425 p. 
Intestaterbfolge. Ueber das Verhältniss der Obligationen zum Sachenrechte 
behauptet der Verfasser: Inhalt der relativen Rechte ist der Gebrauch oder 
die Uebertragung absoluter Rechte; die Rechtsordnung kann daher keine 
obligatorische Leistungspflicht auferlegen, ohne die Fähigkeit des Ver- 
pflichteten anzuerkennen, Inhaber von dinglichen Rechten zu sein. Diese 
müssen sich also entwickelt haben und müssen existiren, bevor von Obliga- 
tionen die Rede sein kann. Der Entwurf verstösst mithin gegen die logische 
und historische Ordnung, wenn er das Recht der Schuldverhältnisse voran- 
stellt und das Sachenrecht folgen lässt. Ohne uns dem Vordersatze an- 
schliessen zu können, halten wir die Entscheidung für treffend und diese 
wie andere Einwendungen gegen den Entwurf für sehr beachtenswerth. 
Königsberg i. Pr. Professor F. Endemann. 
0. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das 
deutsche Recht. Veränderte und vermehrte Ausgabe der in 
Schmoller’s Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volks- 
wirthschaft erschienenen Abhandlung. Leipzig, Duncker & Humblot 
1889. (S. XIX und 592). Preis M. 11.20. 
Gegenüber dem Entwurfe eines Werks, das vom deutschen Volk Jahr- 
zehnte lang gefordert worden ist und dessen Vollendung es mit Ungeduld 
erwartet, hat die wissenschaftliche Kritik einen schweren Stand. Der Leit- 
stern der Wissenschaft ist die Wahrheit, darum wird die Wissenschaft ihrem 
Beruf untreu, wenn sie nicht die Mängel, die dem Entwurf anhaften, rück- 
sichtslos darlegt. Aber muss sich nicht die Kritik gewisse Schranken auf- 
erlegen, um das endliche Zustandekommen des ersehnten Werks nicht zu 
gefährden? Setzt sie sich nicht, wenn sie rücksichtslos ihres Amtes waltet, 
dem Vorwurf aus, dass sie wie Mehlthau auf die Blüthe wirke und die Aus- 
sicht auf künftige Frucht vernichte? Solche Bedenken machen sich in weiten 
Kreisen geltend; „mag der Entwurf“, sagt man, „in Manchem oder auch in 
Vielem mangelhaft sein: wir müssen über die Mängel hinwegsehen, weil wir 
sonst nie das Gesetzbuch und mit ihm die Rechtseinheit erreichen.“ Anderer An- 
sicht ist GIERKE; er verkennt nicht die Gefahr, die aus einer Verwerfung 
des Entwurfs entspringt, aber er bietet ihr die Stirn: er hält sie nicht für
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.