Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfter Band. (5)

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vordenklichen Zeit entgegenbringt; während der wahre Jurist in allen diesen 
Beziehungen das harte, aber gerechte Urtheil G.’s wird unterschreiben müssen. 
„Der Entwurf spricht deutsch, denkt lateinisch“, er stellt, sagt G., 
nur ein in’s Deutsche übersetztes Pandektenrecht vor. Um zunächst bei der 
formellen Seite stehen zu bleiben: wenn der Entwurf nur in gutem Latein 
denken würde! Aber man mache einmal die Probe und versuche es, irgend 
einen Abschnitt des Entwurfs in’s Lateinische zu übersetzen: dieses Latein 
mit seinen declarationes voluntatis, seiner voluntas realis, voluntas declarata 
und dgl. wird nicht der gedrungenen, kraftvollen Sprache des prätorischen 
Edikts, sondern dem elendesten Kirchenväterlatein gleichen. — Sachlich 
bedeutet der Vorwurf des lateinischen Denkens bei G. zweierlei: das 
Denken des Entwurfs sei undeutsch und unfrei. Der Entwurf, sagt G. 
sei beherrscht von einem „Geist, der die selbstgezimmerten Principien über 
die Sache stellt“. Auch diesem Vorwurf vermögen wir nicht zu widersprechen, 
Die Grösse der römischen Juristen bestand, wie SavIanY treffend sagt, wesent- 
lich darin, dass sie die leitenden Prineipien (die sie nicht willkürlich auf- 
stellten, sondern der lebendigen Entwicklung des Rechts entnahmen) voll- 
kommen beherrschten; unsere modernen Gesetzgeber dagegen werden von 
den selbstgezimmerten Dogmen beherrscht, unfrei stehen sie ihnen gegenüber, 
alle Augenblicke begegnen wir in den Motiven der Entschuldigung: diese 
oder jene Bestimmung sei auffallend, stehe mit den herrschenden Auschau- 
ungen, d.i. mit dem Rechtsgefühl des Volks im Widerspruch, aber sie ergebe 
sich aus den allgemeinen Grundsätzen, sie empfehle sich durch ihre Einfach- 
heit u. dgl. 
Undeutsch findet G. den Entwurf, weil er, statt specifisch nationales 
Recht zu geben, theils römisches, theils weltbürgerliches Recht liefere. Auf 
die romanistische Gesinnung des Entwurfs führt er den Ausschluss einer langen 
Reihe von Materien zurück, die wesentlich dem deutschen Privatrecht an- 
gehören, z. B. Wasser- und Forstrecht, Enteignungsrecht, Urheberrecht; es 
handelt sich hier zum Theil um Institute, die schon reichsgesetzlich geregelt 
sind, zum Theil um solche, die mit dem öffentlichen Recht in mehr oder 
weniger engem Zusammenhang stehen, und wo eben dieser Zusammenhang 
wenn nicht eine Rechtfertigung, so doch eine triftige Entschuldigung für das 
Schweigen des Entwurfs bilden dürfte. — Hinsichtlich der im Entwurf be- 
handelten Gegenstände aber tadelt G., dass überall das germanistische 
lebendige Gemeinschaftsprincip zurückgedrängtwerdedurch denromanistischen, 
streng individualistischen Gedankenbau. — Ob nun zwar die echte Volks- 
thümlichkeit des Gesetzbuchs gewinnen würde bei der von G. mit be- 
sonderer Wärme befürworteten Durchführung des „deutschrechtlichen“ Princips 
der „gesammten Hand“, scheint uns einigermassen zweifelhaft, der Tadel 
des übertriebenen Individualismus aber wird dem Entwurf wohl mit Grund 
gemacht. 
Mit vollem Recht rügt G. die Dürftigkeit des Personenrechts: Person
	        
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