Das Veto des deutschen Kaisers,
Von
FRIEDRICH KOLBOW in Schwerin.
81. Geschichtliches.
Die Frage nach der Stellung des deutschen Kaisers zur
Reichsgesetzgebung ist eine der bestrittensten des deutschen Reichs-
staatsrechtes.
Die Geschichte derselben ist eng verknüpft mit der Ge-
schichte der Artt. 5 und 17 der Reichsverfassung. Dieselben
finden sich fast in der nämlichen Form schon in der Verfassung
des Norddeutschen Bundes. Abgesehen von redactionellen Aen-
derungen, welche durch die Proclamation des Bundespräsidiums
zum deutschen Kaiser und durch die Erhebung des Bundes zum
Reich nothwendig geworden waren, fehlten die Worte der Reichs-
verfassung in Art. 5, Abs. 2: „und die in Art. 35 bezeich-
neten Abgaben“. Es sind dies indess Aenderungen, welche für
die Frage nach dem kaiserlichen Veto nicht releviren. Daher
ist die Literatur des Staatsrechts des Norddeutschen Bundes für
uns nicht minder wichtig, als die des Reichsstaatsrechtes. Bei
jener, als der zeitlich vorangehenden, haben unsere Betrachtungen
einzusetzen.
HIERSEMENZEL: Die Verfassung des Norddeutschen Bundes,
schreibt im Jahre 1867 in den Bemerkungen zu Art. 17 — 1. Band
S. 70 —: „Im ersten Satz — nämlich: dem Präsidium steht
die Ausfertigung und Verkündigung der Bundesgesetze und
die Ueberwachung der Ausführung derselben zu — müsste es