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Zu demselben Resultat gelangt WESTERKAMP, Die Reichs-
verfassung 1873, 8. 130. Er führt besonders den zweiten Absatz
des Art. 5 für die Negation des Vetos in das Feld, indem er
der Regel folgt: Unius positio est alterius exclusio.
In ihre bedeutsamste Aera tritt unsere Frage mit dem
Reichsstaatsrechte RoßErT v. Monr’s, 1873. Von diesem Jahre
an stehen sich, wie einst der Vertreter der unbedingten Ver-
kündigungspflicht und der des bedingungslosen Vetos, so jetzt die
Vertreter einer radicalen, HIERSEMENZEL folgenden Ansicht und
die einer mehr vermittelnden, eben zuerst von Mont ausgeführten,
gegenüber. Der Monr’sche Satz: Verfassungswidriges kann und
soll Niemand, also auch der Kaiser nicht, als rechtlich bestehend
anerkennen oder gar zu dessen Ausführung mitwirken, ist der
Angelpunkt dieser vermittelnden Meinung, welche, wie sich heraus-
stellen wird, als die derzeit herrschende anzusehen ist. Also die
Ausfertigungs- und Verkündigungspflicht des Kaisers wird als die
Regel anerkannt, allein das Veto eingeräumt gegen verfassungs-
widrige Gesetze.
Der Angriff gegen Monu’s Ausführungen erfolgte durch
Lupwie v. RÖNNneE. In seinem Staatsrecht des Deutschen Reiches,
2. Aufl. 1876, 8 27, Anm. 2 a. E. sagt derselbe: „R. v. MoHL,
obgleich er die Begründung der Ansicht von v. MARTITZ ver-
wirft, erklärt sich dennoch im Resultat mit demselben einverstan-
den“. Das ist nicht richtig. Dem Kaiser ein bedingungsloses
oder ein durch das Erforderniss der Verfassungswidrigkeit be-
dingtes Veto einräumen, heisst in unseren Zeiten, wo Verfassungs-
verletzungen nicht an der Tagesordnung sind, nicht zu demselben
Resultat kommen. Auch der Satz Rönne’s, die Gründe Mont’s
seien nur politischer Art, ist unzutreffend. Kann man juristischer
verfahren, als Mont mit seinem angedeuteten Grundsatz gethan hat?
Der Rönne’sche Angriff hat denn auch die späteren Schrift-
steller nicht zu bewegen vermocht, den Gedanken und Argumen-
ten Mont’s auszuweichen.