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Die Bemerkung HiIERSEMENZFL’s zu diesem Artikel, es müsste
eigentlich heissen „steht zu und liegt ob“, denn das Bundesprä-
sidium habe nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, zu
verkünden, ist als solche ein Beispiel für die petitio principü.
Das Richtige ist von FRICKER ausgeführt: Abhandlung im Leip-
ziger Decanatsprogramm von 1885. Die Summe seiner Deduc-
tion darf man in den Satz zusammenfassen: Der Art. 17 ist
an sich für die Eintscheidung unserer Frage neutral; er giebt
weder Andeutungen nach der einen, noch solche nach der an-
deren Seite. Der Artikel sagt nicht mehr und nicht weniger,
als: Der Kaiser ist dasjenige Organ der Reichsgewalt, welches
für die Ausfertigung und Verkündigung der Reichsgesetze com-
petent ist. „Wollte man in diesen Worten mehr finden, dann
würden sie ohne allen Zweifel weit eher für das freie Recht, als
für die Pflicht des Kaisers sprechen“. Gewiss. Denn die Worte:
Es steht mir zu, darf man eher mit: Ich habe das Recht, als:
Ich habe die Pflicht, übersetzen. Wer unbefangen den citirten
Artikel liest, wird dieses anerkennen.
Wird auch derjenige die neutrale Stellung des Art. 17 zuge-
stehen, welcher ihn aufmerksam mit dem Art. 5 verglichen hat?
Der letztere lautet: „Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt
durch den Bundesrath und den Reichstag. Die Uebereinstimmung
der Mehrheitsbeschlüsse beider Versammlungen ist zu einem
Reichsgesetze erforderlich und ausreichend.
Bei Gesetzesvorschlägen über das Militärwesen, die Kriegs-
marine und die im Art. 35 bezeichneten Abgaben giebt, wenn
im Bundesrath eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, die Stimme
des Präsidiums den Ausschlag, wenn sie sich für die Aufrecht-
erhaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht.“
Der Ausdruck des Artikels ist nicht präcise. Es ist mehr
als ein Mal in den Lehrbüchern hervorgehoben, dass jene Ueber-
einstimmung, wenn man auf die verbindliche Kraft eines Gesetzes
gegenüber den Unterthanen sieht, keineswegs ausreichend ist. Ein