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Können wir Kraıs’ Gründe nicht theilen, so wollen wir gegen
ihn noch folgende Momente anführen.
Nach Kraıs fallen folgende Fälle nicht unter die $$ 90 ff.:
Zwei Gemeinden streiten über ihre von Altersher geübten Rechte.
A bestreitet dem B sein Recht, B widerklagweise dem A das
seinige. Dem A gelingt es sein Recht zu beweisen, dem B nicht.
Soll der B nun gar kein Recht haben? Nach Kraıs fällt unter
$ 94 nur der Fall, wenn in einem solchen Prozesse zufälliger-
weise beide ihr Recht nicht beweisen können.
Ebenso muss unter $ 94 gebracht werden der häufigste Fall,
dass nur ein Theil dem anderen sein Recht negirt, und dieser
andere nur langjährigen Besitzstand nachweisen kann. Gerade
hier treten die SS 94. 95. 96 wohlthuend eın.
Der Fall, den Kraıs allein voraussetzt (dass nämlich beide
Gemeinden ihr Recht nicht beweisen können) ist gewiss auch
ein viel zu seltener. Es wird doch regelmässig eine Partei ihr
Eigenthum nachweisen können, insbesondere durch das Normal-
jahr 1624.
Ferner: Der $ 93 sagt ganz klar „wird darüber gestritten,
ob die eine oder die andere Gemeinde“ u. s. w., und der $ 94
schliesst sich unmittelbar daran; man könnte sogar ruhig zu
8 94 hinzusetzen: wenn dabei erhellet u. s. w. Den engen Zu-
sammenhang giebt Kraıs 8. 11 zu.
Ferner: Der $ 95 passt nach Kraıs gar nicht in den Rahmen,
er steht ohne Zusammenhang mit den vorhergehenden und nach-
folgenden Paragraphen. Nach unserer Darstellung ist der Zu-
sammenhang trefflich gegeben.
Ferner: Der $& 94 unterscheidet ganz klar die „wirkliche
Berechtigung“ und „die widerrufliche Gefälligkeit“. Worin be-
steht nun der Gegensatz? Doch wohl darin, dass das eine Recht
ein festes, unentziehbares, das andere ein widerrufliches ist. Was
macht aber Kraıs daraus? Hier gewährt auch die widerrufliche
Gefälligkeit ein festes Recht. Es gibt danach also zwei Arten