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von widerruflichen Gefälligkeiten, die wirklich widerruflichen,
und die unwiderruflichen. Entweder aber ist ein Recht wider-
ruflich oder es ist unwiderruflich. Ein Drittes ist nicht möglich.
Das preuss. Landrecht hat daher in $ 314 ausdrücklich gesagt
„nur bittweise, d. h. als eine widerrufliche Gefälligkeit.“ Der
bayerische $ 94 hat „bittweise“ als überflüssig fortgelassen ; aber
der $ 97 gebraucht den Ausdruck ebenfalls.
„Bittweise* heisst aber niemals „unwiderruflich“. Hätte der
Gesetzgeber unwiderrufliche Rechte schaffen wollen, so hätte er
sich sicherlich andere termini technici als diese gewählt. Gesetze
sind endlich so zu interpretiren wie sie abgefasst sind.
Gerade aus dem Unterschiede von festen und widerruflichen
Rechten lässt sich auch die weitere Bestimmung $ 96 verstehen,
welche eine Ueberleitung dieser widerruflichen Rechte in feste
bezweckt.
Worin soll der Unterschied zwischen den beiden Arten von
Rechten nach Kraıs bestehen?
„Die förmlich nachweisbaren Sımultaneen* werden die einen
genannt, und „die gesetzlich vermutheten“ die anderen. Beide
sind, wie Kraıs ausführt, gleichheitlich oder ungleichheitlich.
Voraussetzungen und Wirkungen der Gleichheit und Ungleichheit
der beiderseitigen Berechtigungen bemessen sich bei den nach-
weisbaren Simultaneen nach $ 90 und 91, bei den gesetzlich-
vermutheten dagegen nach den $$ 94 und 97 der ll. Verf.-Bei-
lage. „Aber nur in dieser Hinsicht besteht zwischen den vor-
bezeichneten beiden Gattungen ein Unterschied; in allen übrigen
Beziehungen sind die präsumirten Simultanrechtsverhältnisse den
auf förmlichem Nachweise beruhenden Simultanrechtsfällen gleich-
gestellt, daher auch lediglich nach den für die Letzteren gelten-
den allgemeinen Grundsätzen zu beurtheilen.“
Sie können also inhaltlich gleich sein, die beiden Rechte;
beide unwiderruflich. Nur das rechtliche Verhältniss — in der
Idee — ist verschieden. In beiden Fällen haben beide Theile