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Man muss sich vor Allem stets bewusst bleiben, dass, wenn
man die Selbständigkeit einer Nation oder, was dasselbe, den Staat
will, dieser in der Organisation einer Menschenmasse zu einer
von jedem rein individuellen Willen unabhängigen Einheit auf
einem im Verhältniss zu dieser ebenfalls als Einheit erscheinenden
Theile der Erdoberfläche besteht — als Land und Volk in
staatsrechtlichem Sinn —, welche Organisation die Möglichkeit einer
einheitlichen Fassung, Aeusserung und Bethätigung des auf Selbst-
erhaltung und Selbstförderung im Ganzen und damit auch aller
Einzelnen gerichteten Willens, oder die Organisation der Souve-
ränetät bedingt. Diese Souveränetät, welche die Erhabenheit
der Gesammtheit über alle Einzelnen und deren Gleichberechtigung
unter ihresgleichen bezeichnet, muss unter allen Umständen per-
sönlich dargestellt werden. Wie das zu geschehen, bestimmt
das positive Verfassungsrecht; also nie ein sog. Natur- oder
sonstiges philosophisches Recht.
Das positive Recht aber kann sich für die persönliche Dar-
stellung der Souveränetät nur zwischen zwei Formen bewegen,
deren eine darin besteht, dass man zu diesem Zweck wiederum
eine besondere Einheit vieler oder weniger Personen organisirt,
oder darin, dass man eine sog. physische Einzelperson gesetzlich
zum Träger der Souveränetät macht. In beiden Fällen ist sie
an sich dasselbe, bezeichnet die Situation des Staats nach Innen
und Aussen und kann zwar in der Ausübung wiederum gesetzlich
so geordnet sein, dass bei dieser gewisse die Souveränetät selbst
nicht tragende Persönlichkeiten zur Mitwirkung berufen werden,
niemals aber so, dass sie selbst beschränkt oder an verschiedene
Factoren vertheilt werde.
Die erstbezeichnete Organisation der Souveränetät wird auch
bei aller juristischen Vollkommenheit bezüglich ihrer eigenen
stetigen und einheitlichen Thätigkeit, folgeweise auch hinsichtlich
ihrer Wirksamkeit gewisse ihr eigenthümliche Mängel an sich
tragen, die namentlich in kritischen Momenten durch die Macht