— 129 —
selben hinsichtlich seiner Einrichtung und Fortbildung, nach dem
Grade der inneren Einigung und der Verhältnisszahl derjenigen,
welche in directer Bei- oder Unterordnung zu einem Ganzen von
staatlicher Natur oder doch von staatlicher Tendenz standen, nach
dem Grade der rechtlichen Ausbildung der Staatsform und dem
Masse der Entwicklung der Staatsaufgaben musste sich diese
Idee sehr verschieden äussern; aber vorhanden war sie immer.
Gleichviel ist es dabei, ob die noch nicht vollendete innere Eini-
gung Erscheinungen des Föderalismus und des Secessionismus
oder centripetale Tendenzen hervortreten lässt, ob mehr die Ge-
wohnheit oder das Gesetz herrscht, ob das Recht vollständiger
ist und die thatsächlichen Wirkungen der Idee durch gesetzliche
Schranken einengt oder sie freilässt und nicht als Unrecht be-
zeichnet, was ersteren Falls Unrecht wäre.
Man darf namentlich nicht übersehen, dass der allgemein
menschliche Factor, welcher der eigentliche Urquell jenes Wesens
ist, für welches der Constitutionalismus nur als die moderne Form
und der moderne Ausdruck erscheint, sich im kleinen primitiven
Gemeinwesen oder in grossen barbarischen Eroberungsstaaten
anders manifestiren muss, als in ausgedehnten, nach Herkunft und
Ständen vielfach gemischten, durch hohe Bildung, Mannigfaltigkeit
der Bedürfnisse und Strebungen ausgezeichneten Gesammtwesen.
Namentlich wird in den ersten Fällen der Formalismus eine ebenso
geringe wie im letzteren Falle eine hervorragende Bedeutung haben,
und wird der Inhalt der Form und deren Aufgabe bei der grossen
Gleichmässigkeit der Individuen und Einfachheit der zu erledigen-
den Fragen, besonders in Anbetracht der mit solchen Verhält-
nissen verbundenen Sclaverei sehr einfach sein, während im letzteren
Falle dies Alles höchst mannigfaltig, vielseitig und complicirt
sein wird. Es sind demnach nicht nur culturelle, sondern auch
ethnologische, gleichsam physikalische Dinge, die in Betracht
kommen müssen.
IX. Die so oft bitter getadelte Nachahmung constitutioneller
Archiv für öffentliches Recht. VII. 1. 9