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presse und dem Vereinswesen nicht einem ehrlichen und starken
bürgerlichen Pflichtgefühl, sondern der Popularitätshascherei, irgend
speciellen Interessen, der Verletzung der Staatsform und der be-
stehenden Autoritäten, dem Bestreben einseitig zurückhaltender
oder sich überschlagender Tendenzen, dem Dienste persönlicher
oder specieller Leidenschaften und Interessen, der Eitelkeit und
Schmeichelei der Wähler resp. des Volkes und seiner Erwählten
dienstbar gemacht werden sollen; wenn bei dem Rechtsschutz
immer nur an den Schutz individueller Freiheitsrechte und nicht
an den Schutz aller begründeten Rechte gedacht wird und wenn
bei den Staatsfinanzfragen nicht das wirkliche Staatsbedürfniss,
sondern irgend andere Rücksichten massgebend werden.
X. Als die europäische Welt nach mehrhundertjährigen
schweren Kämpfen in den Völkern und Staaten, welche stets
durch Bündnisse und Interventionen fremder Mächte genährt und
verbittert wurden, mit dem Feudalismus des Mittelalters fertig
geworden, und der dabei besonders wirksame und emporgekommene
Fürstenabsolutismus sich und zwar verhältnissmässig schnell trotz
einiger hervorleuchtender Herrscherpersönlichkeiten abgenutzt
hatte —, da sagte es nicht nur die natürliche Einsicht in die
Bedingungen der Selbsterhaltung, sondern auch eine gewisse
instinctive Empfindung für das Nothwendige, dass sowohl dem
Feudalsystem als auch dem Fürstenabsolutismus für ihre Zeiten
einige Berechtigung zustand, dass in ihren Grundideen sogar einige
allgemeine Wahrheit lag, und dass man nicht nur wegen der Reste
ihrer Daseinsformen, sondern auch jenes Kerns der Wahrheit ihrer
Grundideen wegen einen Uebergang oder eine Vermittlung mit
den Anschauungen und Bedürfnissen der Neuzeit suchen müsse.
Das Streben nach einer mit den absoluten Bedürfnissen der
Einheit in das rechte Verhältniss zu setzenden Individualfreiheit
— das war es, was zunächst dem Kampf zwischen dem absoluten
Fürstenthum und dem Feudalismus zu Grunde lag und durch den
seit dem 13. Jahrhundert in allen Ländern eingetretenen Sieg