Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Dass unter solchen Umständen, namentlich unter dem Ein- 
fluss secessionistischer Gelüste und privatrechtlicher Analogien 
eine Menge von staatswidrigen Dingen unterlaufen musste, ist 
nur natürlich, kann übrigens nicht vom Gesichtspunkte unserer 
Zeit aus beurtheilt werden. Uebrigens ist doch zu erwähnen, 
dass mit den frühesten litterarischen Versuchen über das Ver- 
hältniss zwischen den Fürsten und ihren Unterthanen 'schon 
sehr frühe der Pflichtgedanke als der massgebende aufgestellt 
worden ist. 
Wie die Macht der Verhältnisse überall nachhilft, selbst 
dann, wenn das Recht keinen Versuch macht, sich entsprechend 
zu ändern, so änderten die sich verändernden Verhältnisse nach 
und nach das alte Recht, zunächst ohne es aufzuheben oder 
ein neues zu setzen, sondern nur, indem sie seine Anwendung 
unmöglich machten. Die Vollendung der absoluten Fürstenmacht 
und die damit verbundene Begründung eines allgemeinen Unter- 
thanenverhältnisses liessen zwar die alten Institutionen feudal- 
föderalen Rechtes noch fortbestehen, der Anwendung nach aber 
obsolet werden, bis der Anstoss der französischen Revolution und 
der in ihrem Geleite eintretenden Ereignisse den ewigen unaus- 
löschlichen Rechtsgedanken in neueren Formen wieder Gestalt 
gewinnen liess. Die bisher in diesen Dingen unthätige Gesetz- 
gebung wurde durch die Nothwendigkeit allgemeiner Neugestal- 
tung auch zur Neugestaltung des repräsentativen Gedankens ge- 
zwungen. 
Man meint gewöhnlich, den alten Ständen hätte jeder Gemeinsinn 
gefehlt; das ist nicht richtig; sie hatten eben den Gemeinsinn in 
ihrer Art, d.h. sie bethätigten ihn nicht auf Grund einer recht- 
lich formirten Pflicht, sondern, formell wenigstens, als freie Gaben 
der Einzelnen resp. ihrer Corporationen, Gaben, welche allerdings 
grossentheils unmittelbar den Angehörigen der Herrn zur Last 
fielen, die jedoch bei den damaligen wirthschaftlichen Verhält- 
nissen dieser Herrn doch wieder zu einem guten Theil auf sie
	        
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