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zurückfielen. Auch darf nicht unbemerkt bleiben, dass, wenn
auch der Gerichts- und Lehndienst nicht mehr in Betracht kamen,
die dem Hofdienst gebrachten Opfer nicht selten grösser gewesen,
als jene politischen Leistungen der früheren Zeit.
X]. Nach der gewöhnlichen Doctrin und nach dem Wortlaut
der Karten besteht das politische Recht des Volkes bezüglich der
Volksvertretung in der Gesetzgebung oder, richtiger gesagt, darin,
bei der Gesetzgebung mit entscheidendem Einfluss mitzuwirken.
Man nennt daher auch diese Repräsentation die Legislative, der
gegenüber die Regierung nur gewisse, angeblich bloss formelle
Rechte, unter denen die Sanction und das Veto die wichtigeren
sind, haben soll. Nach einer mehr praktischen Auffassung wird
der Schwerpunkt der constitutionellen Einrichtungen in der Wah-
rung der politischen und privaten individuellen Freiheit der Staats-
angehörigen gesucht, wobei dann wieder bald auf die Controlle
der gesammten Staatsverwaltung, bald speciell auf das sog. Budget-
recht Werth gelegt wird. Sowohl vom Standpunkte der Doctrin
aus, wie von dem der praktischen Politik können diese Auf-
fassungen zu wesentlichen Irrthümern führen und haben dazu ge-
führt. Denn welches immer der Einfluss der Volksvertretung auf
die Gesetzgebung sein mag — die Gesetzgebung selbst hat recht-
lich die Volksvertretung nicht, sondern der eigentlich gesetzgeberische
Act ıst formell-rechtlich das, was man nur die Sanction, nur
das Veto nennt.
Was die Wahrung der Volksrechte angeht, so ist es richtig, dass
sie der Volksvertretung zufällt, soweit ein Irrthum oder ein nicht
gerechtfertigter Uebergriff von Seite der Regierung stattfindet; ohne
Zweifel aber hat die Regierung genau dieselbe Aufgabe, und es
ist sicher ein grosses Uebel, wenn man in der Erinnerung früherer
absolutistischer Willkür oder in dem Verdachte gegen die Re-
gierungen, als ob sie fortan zu dieser Willkür neigten, den Völkern
die Meinung beibringt, als ob auf dieser Basis gleichsam ein natur-
gesetzlicher Kriegsstand zwischen der Regierung und der Volks-