— 15 —
und Gleichartigkeit wiederkehren; dagegen die Berücksichtigung
ausserordentlicher, besonders gearteter Fälle der Entscheidung des
Landesherrn, also dem Gebiet der Gnade im eigentlichen Sinne,
vorbehalten.
Vor Einführung der konstitutionellen Verfassungsform stand
das Gnadenrecht dem Monarchen selbstverständlich im vollen Um-
fange zu, in Strafsachen, in Finanzsachen und allen anderen Re-
gierungsangelegenheiten, mit der einzigen, aus dem Begriff der
Gnade selbst sich ergebenden Beschränkung, dass der Gnadenakt
nicht zum Schaden oder auf Kosten Anderer erfolgen dürfe. Der
Laandesherr konnte daher einerseits nicht in die Rechte des Kaisers,
andererseits nicht in die Rechte der Unterthanen, Korporationen
und Gemeinden durch Gnadenerlasse eingreifen®). Daraus ergaben
sich zahlreiche Streitfragen, die längst ihr Interesse verloren haben.
Aus diesem Prinzip folgte aber namentlich auch die Be-
schränkung, dass, insoweit eine besondere landständische Finanz-
verwaltung bestand, der Landesherr nicht auf Kosten und zum
Schaden derselben Freigebigkeiten vornehmen konnte‘). Dagegen
wurde nach den Anschauungen, welche das Staatsrecht bis zum
Anfange dieses Jahrhunderts beherrschten, zwischen den Rechten
des Staates und den Rechten des Landesherrn nicht unterschieden.
Die Rechte und Ansprüche des Staates standen zur Ver-
fügung des Monarchen; er konnte daher auf Zahlungen aller
Art und auf Dienste, welche dem Staate geschuldet wurden, ver-
zichten. Der Gedanke, dass dadurch mittelbar die öffentlichen
Lasten der anderen Unterthanen erhöht oder die Leistungen des
Staates für sie vermindert würden, kam nicht auf, theils weil dies
für den Einzelnen unmerklich war, theils weil man den Staat nicht
als die organische Verbindung des Volkes, sondern als den In-
begriff gewisser Herrschaftsrechte des Landesherrn ansah.
®) Vgl. Moser a. a. 0.8. 3f£.
*) HäiBerum, Deutsches Staatsrecht Bd. II, S. 190.