Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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und Gleichartigkeit wiederkehren; dagegen die Berücksichtigung 
ausserordentlicher, besonders gearteter Fälle der Entscheidung des 
Landesherrn, also dem Gebiet der Gnade im eigentlichen Sinne, 
vorbehalten. 
Vor Einführung der konstitutionellen Verfassungsform stand 
das Gnadenrecht dem Monarchen selbstverständlich im vollen Um- 
fange zu, in Strafsachen, in Finanzsachen und allen anderen Re- 
gierungsangelegenheiten, mit der einzigen, aus dem Begriff der 
Gnade selbst sich ergebenden Beschränkung, dass der Gnadenakt 
nicht zum Schaden oder auf Kosten Anderer erfolgen dürfe. Der 
Laandesherr konnte daher einerseits nicht in die Rechte des Kaisers, 
andererseits nicht in die Rechte der Unterthanen, Korporationen 
und Gemeinden durch Gnadenerlasse eingreifen®). Daraus ergaben 
sich zahlreiche Streitfragen, die längst ihr Interesse verloren haben. 
Aus diesem Prinzip folgte aber namentlich auch die Be- 
schränkung, dass, insoweit eine besondere landständische Finanz- 
verwaltung bestand, der Landesherr nicht auf Kosten und zum 
Schaden derselben Freigebigkeiten vornehmen konnte‘). Dagegen 
wurde nach den Anschauungen, welche das Staatsrecht bis zum 
Anfange dieses Jahrhunderts beherrschten, zwischen den Rechten 
des Staates und den Rechten des Landesherrn nicht unterschieden. 
Die Rechte und Ansprüche des Staates standen zur Ver- 
fügung des Monarchen; er konnte daher auf Zahlungen aller 
Art und auf Dienste, welche dem Staate geschuldet wurden, ver- 
zichten. Der Gedanke, dass dadurch mittelbar die öffentlichen 
Lasten der anderen Unterthanen erhöht oder die Leistungen des 
Staates für sie vermindert würden, kam nicht auf, theils weil dies 
für den Einzelnen unmerklich war, theils weil man den Staat nicht 
als die organische Verbindung des Volkes, sondern als den In- 
begriff gewisser Herrschaftsrechte des Landesherrn ansah. 
®) Vgl. Moser a. a. 0.8. 3f£. 
*) HäiBerum, Deutsches Staatsrecht Bd. II, S. 190.
	        
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