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welche hier in Betracht kommen, sind sehr mannigfach. Den
wichtigsten Fall bilden die Ansprüche auf Erfüllung oder auf
Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder verzögerter Erfüllung von
Verträgen. Die Kaufverträge, Veräusserungen, Werkverdingungen,
Miethen, Verpachtungen, die von den Verwaltungsbehörden fort-
während abgeschlossen werden, erzeugen Ansprüche dieser Art
in unzähliger Menge.
Sehr zahlreich sind ferner die Ansprüche des Fiskus auf
Grund dinglicher Rechte und auf Grund gesetzlicher, obligatori-
scher Verpflichtungen. Unter den letzteren sind namentlich von
Bedeutung die Ansprüche auf Ersatz von Vermögensbeschädigungen.
Hierhin gehören auch die Ansprüche gegen Beamte, welche im
Dienst durch Versehen den Fiskus zu Schaden gebracht haben,
sowie die Ansprüche auf Ersatz von sogen. Rechnungsdefekten.
Endlich können die Ansprüche des Fiskus erbrechtlicher Art
sein, indem sie entweder auf dem gesetzlichen Erbrechte des
Fiskus oder auf einer letztwilligen Verfügung beruhen.
Allen diesen Ansprüchen gemeinsam ist eine Eigenschaft,
die sich aus ihrem privatrechtlichen Charakter ergiebt und allen
Privatrechten eigen ist, nämlich dass sie zur Verfügung des Be-
rechtigten stehen. Das Privatrecht erzeugt Befugnisse und An-
sprüche, aber niemals legt es dem Berechtigten die Pflicht auf,
seine Befugnisse und Ansprüche geltend zu machen. Es ist
überflüssig, diesen Satz weiter auszuführen oder die Gründe zu
entwickeln, welche mit absolut zwingender Nothwendigkeit zu ihm
hinführen; denn es wird wohl kaum Jemand ihn bestreiten oder
in Zweifel ziehen. Die aus dem Wesen des Privatrechts folgende
Dispositionsfreiheit geniesst auch der Fiskus. Auch der Staat
hat keine rechtliche Pflicht, die ihm zustehenden Privatrechte
auszuüben; die Entscheidung der Frage, ob ein solches Recht
im einzelnen Falle geltend gemacht werden soll oder nicht, be-
stimmt sich für den Staat wie für die Individuen nicht nach
Rechtssätzen, sondern nach ganz anderen Erwägungen. Wenn-