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gleich daher die privatrechtlichen Ansprüche des Staates auf den
Gesetzen beruhen, so ist doch die Entschliessung über ihre Gel-
tendmachung rechtlich indifferent; die objektive Rechtsordnung
verträgt sowohl ihre Geltendmachung, als ihre Nichtgeltend-
machung; die verfassungsrechtlichen Regeln über die Ausübung
der Gesetzgebung sind daher für diese Entschliessung ohne
Belang.
Die Geltendmachung dieser Rechte ist vielmehr Sache der
Verwaltung und daher ebenso auch die Nichtgeltendmachung,
gleichviel aus welchen Motiven die letztere beschlossen wird, ob
aus irgend welchem thatsächlichen Zwang, oder aus Billigkeits-
rücksichten und Wohlwollen. Sieht man daher zunächst davon
ab, inwieweit etwa Grundsätze des Budgetrechts hier eingreifen,
so ergiebt sich das Prinzip, dass der König als oberster Chef der
Verwaltung befugt ist, die Entscheidung über die Geltendmachung
oder Nichtgeltendmachung dieser fiskalischen Rechte zu treffen.
Dem landtage steht kein Mitbestimmungsrecht zu; die Ver-
waltungsakte unterliegen nicht seiner Genehmigung, soweit dies
nicht für bestimmte Fälle durch besondere Gesetze ausnahms-
weise angeordnet ist. Dagegen erstreckt sich das allgemeine
Recht des Landtags zur Kontrolle und Kritik der Staatsverwaltung
auch auf die Art und Weise, wie die Regierung die privatrecht-
lichen Ansprüche des Fiskus verwaltet und mithin auch auf
die bei dieser Verwaltung vorkommenden Freigebigkeiten. That-
sächlich pflegt diese Kritik in der Richtung zu erfolgen, dass die
Regierung zu fiskalisch, zu hart, zu wenig freigebig verfahre, dass
sie in grösserem Masse Billigkeitsrücksichten walten lassen solle;
möglich ist es aber auch, dass der Regierung eine Schädigung
der Staatsinteressen durch nicht begründete oder zu weit aus-
gedehnte Freigebigkeiten zum Vorwurf gemacht wird.
Auch bei dem Erlass der privatrechtlichen Ansprüche des
Fiskus hebt sich nun das (ebiet der eigentlichen Gnade als das
der freien königlichen Entschliessung vorbehaltene von der Zustän-