Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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für einen konkreten Vertrag die Genehmigung des Landtages 
nachgesucht und erhalten hat; auch in diesem Falle muss die 
einseitige Abänderung des Vertrages zum Nachtheil des Fiskus 
im Gnadenwege als ausgeschlossen erachtet werden. 
V. 
Die auf staatsrechtlichen Gründen beruhenden Einnahmen, 
unter denen Steuern, Abgaben und Gebühren vorzugsweise von 
praktischer Bedeutung sind, unterscheiden sich von den privat- 
rechtlichen Ansprüchen des Fiskus in sehr wesentlicher Weise 
dadurch, dass die Rechtssätze, auf welchen sie beruhen, jus cogens 
sind. Die Steuergesetze begründen für die Behörden nicht nur 
die Befugniss, sondern auch die Pflicht zur Erhebung der Steuer; 
sie ordnen nicht nur an, dass der Einzelne zur Steuerentrichtung 
veranlagt, dass seine Verpflichtung zur Zahlung eines bestimmten 
Betrages festgestellt, sondern auch dass der Steuerbetrag zur 
Staatskasse eingezogen wird. Die Finanzgesetze gleichen in dieser 
Beziehung den Strafgesetzen, deren Inhalt auch nicht darauf be- 
schränkt ist, dass der Verbrecher zu einer Strafe verurtheilt 
werden soll, sondern welehe zugleich vorschreiben, dass er wirk- 
lich bestraft werde. Deshalb hat der gnadenweise Erlass von 
Steuern, Abgaben und Gebühren eine besonders grosse Aehnlich- 
keit mit dem Begnadigungsrecht auf dem Gebiete des Strafrechts, 
während der gnadenweise Erlass von fiskalischen Privatforderungen 
eine innere Verwandtschaft mit Freigebigkeiten von Privatpersonen 
hat. Da jeder gnadenweise Erlass eines Steuer- oder Abgaben- 
betrages wie der gnadenweise Erlass von Strafen die Ausführung 
einer gesetzlichen Anordnung im einzelnen Falle verhindert, so 
ist das Verhältniss des Gnadenrechts zur Gesetzgebung hier ein 
ganz anderes wie in den bisher erörterten Fällen der Gnaden- 
bewilligungen aus etatsmässigen Dispositionsfonds oder der — 
rechtlich fakultativen — Verzichtleistung auf einen privatrecht- 
lichen Anspruch des Fiskus.
	        
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