Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

— 196 — 
Wenn der König vor Erlass der Verfassungsurkunde das 
Recht der Gesetzgebung und das Recht der Gnade als zwei selb- 
ständige, von einander verschiedene Rechte hatte und die Ver- 
fassungsurkunde das erste dieser beiden Rechte gewissen Beschrän- 
kungen unterworfen hat, so kann daraus nicht die Folgerung 
hergeleitet werden, dass auch das andere Recht beschränkt oder 
aufgehoben sei. 
2) Man beruft sich ferner darauf, dass in dem Titel III 
der Verf.-Urk., welcher die Ueberschrift „Vom Könige“ trägt 
und von den Rechten des Königs handelt, im Art. 49 das Recht 
der Begnadigung und Strafmilderung ausdrücklich erwähnt wird, 
dagegen das Recht zu finanziellen (oder anderen administrativen) 
Gnadenerlassen nicht. Hier ist nun zunächst daran zu erinnern, 
dass dieser Titel — was aus der Entstehungsgeschichte der Ver- 
fassung sich als die unzweifelhafte Absicht der gesetzgebenden 
Faktoren ergiebt — keine vollständige Aufzählung aller könig- 
lichen Rechte enthält. Dem Könige sind vielmehr alle Rechte 
geblieben, welche ihm durch die Verfassung nicht entzogen sind; 
einer ausdrücklichen Bestätigung durch Aufnahme in die Ver- 
fassungsurkunde bedurfte es zur Fortdauer dieser Rechte nicht. 
Thatsächlich übt der König überaus zahlreiche Rechte aus, welche 
in dem kurzen Katalog der Verfassungsurkunde nicht aufgezählt 
sind. Die positive Erwähnung eines königlichen Rechts in der 
Verfassungsurkunde hat in den meisten Fällen eine besondere 
Veranlassung; nicht selten erfolgt sie nur deshalb, um eine Be- 
schränkung daran zu knüpfen. Im Allgemeinen kann daher die 
Nichterwähnung eines Rechts des Königs nicht als Aufhebung 
desselben gedeutet werden. 
Hauses 1890/91, S. 427. Vgl. auch SeypeL, Bayr. Staatsr. Bd. IV, S. 403. 
Dagegen wird der Gegensatz zwischen dem Dispensationsrecht und dem 
Ginadenrecht hervorgehoben von Jo&r, Annalen 1891, S. 419. Arnpr, Deutsch. 
Wochenbl. S. 610f., sowie vom Finanzminist. MiqueL und dem Abg. ScHU- 
MACHER in den Stenogr. Berichten a. a. O. S. 417 und 418.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.