Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

— 213 — 
wohl angezeigt, diese historische Betrachtungsweise einer kurzen 
Prüfung zu unterwerfen. 
Für mein Theil vermag ich die Belege, die MEJER dafür 
ins Feld geführt hat, dass die Landesherrn des 16. Jahrh. das 
Kirchenregiment einfach als einen Theil der Staatsgewalt oder, 
um in der Sprache jener Zeit zu reden, als eine der weltlichen 
Obrigkeit als solcher gebührende Aufgabe für sich in Anspruch 
genommen und ihre Nachfolger es gleichfalls ausschliesslich in 
diesem Sinne fortgesetzt hätten, durchaus nicht für stichhaltig 
anzuerkennen. Die von MEJER — namentlich in seiner älteren 
Schrift über „die Grundlagen des landesherrlichen Kirchenregiments“ 
— angeführten zahlreichen Kirchenordnungen des Reformations- 
zeitalters gehen natürlich durchweg, wie auch von anderer Seite 
nicht geleugnet wird, von der Voraussetzung aus, dass die Landes- 
herrn und bezw. Stadtobrigkeiten im gegebenen Falle zum Erlass 
derartiger Anordnungen berufen sind; aber über das Wie oder 
Warum dieses Berufenseins geben sie keinen bestimmten klaren 
Aufschluss. Wohl lassen sich darin allenfalls Spuren von allen 
möglichen Ansichten des Zeitalters wiederfinden; aber einestheils 
sind die bezüglichen Aeusserungen meist zu unbestimmt und selbst 
widerspruchsvoll, als dass sich daraus eine bestimmte Rechtsanschau- 
ung entnehmen liesse, anderntheils — und das ist die Hauptsache 
— beweisen sie jedenfalls nichts für die Auffassung der Kirchen- 
gewalt als eines Theils der Staatsgewalt. Dies gilt insbesondere 
von der auch in den Schriften der Reformatoren öfter wieder- 
kehrenden, von MEJER besonders betonten Nebeneinander- oder 
Gegenüberstellung des kirchlichen Lehramts und der weltlichen 
Obrigkeit. Denn was man auch für die wahre reformatorische 
Auffassung des ersteren halten mag, jedenfalls liegt in der Auf- 
fassung des evangelischen Liehr- oder Predigtamts als eines spe- 
zifisch kirchlichen Amts implicite die Anerkennung einer selb- 
ständigen, d. h. einer begrifflich vom Staate zu scheidenden, nicht 
als dessen Theil aufzufassenden, äusseren kirchlichen Gemeinschaft.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.