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als Kirchen-, nicht als Staatsbeamte angesehen werden, sofern
nicht das Gegentheil in Bezug auf bestimmte Beamte ausdrück-
lich und unzweideutig gesetzlich sanktionirt ist. Die Anwendung
auf die Superintendenten, auf die Mitglieder der Provinzial-
konsistorien und des evangelischen Oberkirchenraths, dessen Be-
gründung im augenscheinlichen Anschluss an die Verfassungs-
urkunde und geflissentlich zu dem Zwecke erfolgte, gewisse rein
kirchliche Angelegenheiten einer Behörde zu übertragen, die nicht
zugleich den Staat gegenüber den Kirchen zu vertreten hätte, er-
gibt sich von selbst.
Die Aufhebung des Art. 15 der Verfassung durch das Ge-
setz vom 18. Juni 1875 hat eine Aenderung in dieser Sachlage
nicht herbeigeführt. Zuvörderst hatte das letztere Gesetz aus-
gesprochenermassen nicht die Tendenz, das im Art. 15 anerkannte
Prinzip zu beseitigen, sondern einzig die, den kirchenpolitischen
Gesetzen desselben Jahres freie Bahn zu machen. Ausserdem
aber hat das Kirchenverfassungsgesetz vom 3. Juni 1875 jenes
Prinzip in Anwendung auf die evangelische Landeskirche der alt-
preussischen Provinzen nicht bloss von Neuem sanktionirt, sondern
zugleich weiter ausgeführt, indem es einerseits in Art. 19 der
evangelischen Landeskirche die noch fehlende Vermögensfähigkeit
und damit die juristische Persönlichkeit im Sinne des bürgerlichen
Rechts zusprach, anderseits in Art. 21 „die Verwaltung der
Angelegenheiten der evangelischen Landeskirche, soweit solche
bisher vom Minister der geistlichen Angelegenheiten und den
Regierungen geübt worden“ war, „auf den evangelischen Ober-
kirchenrath und die Konsistorien als Organe der Kirchenregierung
übergehen“ liess und in Art. 22 den „Staatsbehörden“ fortan
ausschliesslich bestimmte Staatsaufsichts- oder Kirchenhoheitsrechte
vorbehielt.
Zu den letzterwähnten Kirchenhoheitsrechten muss ich auch
das in Art. 22, Nr. 7 berührte Recht auf Mitwirkung bei der
Besetzung kirchenregimentlicher Aemter, und bezw. zu dessen Aus-