Zur neueren Literatur über das Wesen des Rechts.
Kritische Erörterungen
von
Dr. FeLıx HERZFELDER in München.
Schon vor Jahren hat Bmnıne (Krit. V.-J.-Sch. XXT, N.
F. IT) mit treffenden Worten die Berechtigung derjenigen Schriften,
welche Fragen der allgemeinen Rechtslehre behandeln, hervor-
gehoben: „Drang der Noth und durchaus nicht allein die deutsche
Neigung zur Abstraktion treibt heutzutage unsere Rechtswissen-
schaft zu stets wiederholten Versuchen, frischen Anlaufes die höchsten
Gipfel der Erkenntniss zu erklimmen, Sie hat es erfahren müssen,
dass scheinbar sehr einfache praktische Fragen sich nicht lösen
lassen wollten ohne vorherige Aufschliessung ganz entlegener
Gebiete, und dass die Vernachlässigung des allgemeinen Theils einer
Wissenschaft sich stets rächt an allen Versuchen, die präjudicirten
Fragen klar und nett zu beantworten, bevor die präjudiciellen
gestellt, geschweige gelöst sind.“
Von diesem Standpunkte aus ist jede schriftstellerische Arbeit
zu begrüssen, die sich der Aufgabe unterzieht, die allgemeinen
Begriffe der Rechtswissenschaft klar stellen zu helfen. Freilich
aber ist die Behandlung dieser Fragen nicht ohne grosse Schwierig-
keiten, und wer denselben nicht einigermassen gewachsen ist, wird
zur Weiterentwickelung der allgemeinen Rechtslehre nicht viel
Positives beizutragen vermögen. Es ist dies insbesondere dann
leicht der Fall, wenn ein Autor sich nicht damit begnügt, durch Be-
handlung von Einzelfragen Bausteine zum ganzen grossen Werke