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Bei dieser Wendung, mit welcher der Autor offenbar einer
präcisen Beantwortung der aufgeworfenen Frage aus dem Wege
geht, möchte ich ein wenig innehalten, um das bisher Referirte
einer Besprechung zu unterziehen.
Ich erkenne vollkommen an, dass die sog. „Gesellschaft“
auf die inhaltliche Gestaltung des objektiven Rechtes und somit
auch auf die Schaffung subjektiver Rechte grossen Einfluss zu
üben vermag. Aber die Gesellschaft, mag man sie auch als
einen „Organismus“ betrachten (womit meines Erachtens für die
Erkenntniss ihres Wesens recht wenig gewonnen ist), ist unfähig,
Rechte wirklich zu schaffen, einzelne Thatbestände durch ihren
Schutz zu Rechten zu gestalten.
HEILINGER muss dies denn auch unbewusst zugeben. Denn
was bedeutet sein „Prinzip der leitenden Kreise“ anderes als ein
solches Zugeständniss? Die leitenden Kreise sind ja die „herr-
schenden* Faktoren: die Behörden und die gesetzgebende Gewalt!
Was haben denn aber die beiden letzteren mit der Gesellschaft
als solcher zu thun, was sind sie anderes als eben Erscheinungen
und „Organe“ der Staatsgewalt? Die Gesellschaftskreise schich-
ten sich doch nicht nach staatlichen Funktionen, sondern nur
nach der Stellung im Erwerbsleben und nach socialen Unter-
schieden. HEILINGER verwechselt die sociale Stellung der Be-
amten u. s. w. mit den Funktionen ihres Amtes.
Darum ist es m. E. auch total unrichtig, das subjektive Recht
„gesellschaftliche Macht“ zu nennen. HEILINGER führt diese Auf-
fassung so konsequent durch, dass er „arm“ und „reich“ für
Rechtsbegriffe erklärt (S. 57). Ich möchte nur die Frage stellen,
ob der Verfasser im praktischen Leben wirklich gefunden hat, dass
die Inhaber von Rechten als solche stets gesellschaftlich mächtig
sind? Freilich darf der thatsächliche Besitz von Gütern und der
Schutz der Rechte nicht mit den subjektiven Rechten selbst identi-
fizirt und verwechselt werden. Ich habe in meiner Schrift über
den Begriff des Gewaltverhältnisses („Gewalt und Recht“, München,