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Das objektive Recht verhalte sich zum subjektiven Rechte
wie die Ursache zur Wirkung. Die Normentheorie aber, wonach
das gesammte Recht in Imperativen bestehe, sei unzutreffend.
Für letzteres bringt aber HEILINGER durchschlagende Gründe
nicht vor. Er meint, man habe nur die Reaktion bezw. die Kehr-
seite des Rechts im Auge, wenn man den Pflichtstandpunkt in
den Vordergrund stelle.
M. E. aber bestehen subjektive Rechte lediglich durch das
Dasein korrelater Pflichten, bezw. in dem Verlangenkönnen der
Erfüllung dieser Pflichten. Also sind diese nicht „die Kehrseite“,
sondern die Voraussetzung der betreffenden subjektiven Rechte.
Ebenso ist das Argument hinfällig, die Normentheorie ignorire
vollständig das Verhältniss zur Sache. Letzteres Verhältniss ist
eben ein rein thatsächliches Verhältniss. Es gibt keine Reclıte
gegenüber Sachen, sondern nur in Bezug auf Sachen gegenüber
Personen. (Vgl. das von mira.a. O.8.16f. und 8. 21f. Aus-
geführte.)
Ein Gleichniss, das HEILINGER S. 23 zur Bekämpfung der
sog. Normentheorie anführt, hätte ich lieber nicht in einer wissen-
schaftlichen Abhandlung gelesen. H. sagt: „Die Rechtsnormen
gehören in das Recht, sind aber allein nicht das Recht, wie die
Naturnormen, die Naturgesetze, nicht die Natur sind.“ Dass
das Verhältniss der Rechtsnormen zum Rechte nicht in Parallele
mit dem Verhältniss der sog. Naturgesetze zur Natur gestellt
werden kann, sollte doch nicht erst ausdrücklich gesagt werden
müssen.
Nach HEILINGER ist es schon desshalb irrig, in den Normen
das Recht zu erblicken, weil man dann das „Geniessen“ und die
„Veräusserungsbefugniss* nicht zum Inhalt des Rechts zählen
könne, was geschehen müsse. In den Ausführungen des Verfassers
hierüber vermisse ich die wünschenswerthe Gründlichkeit recht
schmerzlich.
S. 24 z.B. heisst es: „Das Bestehen des Rechts, das Leben