Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Mit der Rechtsnatur des Völkerrechts findet sich H. etwas 
leicht ab. Es hängt dies aber mit der ihn beherrschenden Idee 
von den „leitenden Kreisen“ als Schöpfern des Rechts zusammen. 
Dass der Krieg „ein Prozess des öffentlichen Rechts, bezw. 
Exekution eines Völkerrechts“ sei, sollte doch von Juristen nicht 
mehr behauptet werden. Der Krieg ist vielmehr ein Gegensatz 
zum Völkerrecht, das ihn ja überflüssig machen sollte. Freilich 
wird die Art der Kriegführung der civilisirten Staaten selbst 
wieder durch einige völkerrechtliche Normen beschränkt; dies 
macht den Krieg aber nicht zu einem Prozess oder einem recht- 
lichen Exekutionsmittel.e Denn im Krieg siegt der Mächtigere 
und Geschicktere, mag das Recht auf seiner Seite sein oder nicht. 
Ich glaube, man kann das Völkerrecht entweder überhaupt nicht 
als ein Recht gelten lassen oder nur von dem Standpunkt aus 
und in dem Sinn, den ich a. a. O. 8. 153/154 dargelegt habe. 
Den Gegensatz zwischen Recht und Moral betont HEILINGER 
(S. 38) ganz richtig, wird aber dann von seinem „Prinzip der 
leitenden Kreise* zu dem Satze geführt: der Mangel gesell- 
schaftlicher Anerkennung mache Recht zu Nichtrecht (S. 35). 
Die von HEILINGER angeführten Beispiele beweisen dies sicherlich 
nicht. Denn die Sklaverei ist nicht von der Gesellschaft, sondern 
von der Staatsgewalt aus dem Rechte beseitigt worden. Be- 
kanntlich sind gerade gewisse „leitende Kreise“ der Gesellschaft 
von der Aufhebung der Leibeigenschaft heute noch nicht recht 
erbaut. Dass es Hexerei und Zauberei nicht gibt, haben gebildete 
Kreise der Gesellschaft gewiss vielfach schon früher erkannt, als 
das objektive Recht diese angeblichen Verbrechen eliminirte, und 
andererseits glauben gar Manche leider heute noch an Hexen. 
Massgebend dafür, dass ein Rechtsinstitut als solches zu existiren 
aufhört, ist immer nur der Wille des wirklichen Gesetzgebers, 
des Inhabers der Staatsgewalt: dieser mag ja freilich von ge- 
wissen Elementen der Gesellschaft zu solchen Rechtsänderungen 
gedrängt werden, aber er allein bewirkt sie.
	        
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