Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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Dass der glückliche Begeher eines Staatsstreiches nicht als 
Verbrecher erscheint, dass seine Usurpation vom Rechte sanktionirt 
wird, hat seinen Grund gewiss auch nicht, wie HEILINGER (S. 43) 
meint, in der Anschauung bezw. Zustimmung der leitenden Kreise, 
sondern darin, dass der glückliche Usurpator selbst es 
ist, welcher nach dem Staatsstreich darüber entscheidet, was recht 
ist und was nicht. Die „leitenden Kreise“ können den Usur- 
pator stürzen, dann verliert er die Staatsgewalt: aber wenn sie 
sich ihm unterwerfen, so ist eben er der Gewalthaber und damit 
der Schöpfer des Rechts. 
Wenn HEILINGER (S. 44) die Begriffsbestimmung des Rechtes 
als eines Herrschaftsverhältnisses vertheidigt, so wiederholt er 
nur früher von ihm Gesagtes bezw. zieht er die Konsequenz 
seiner Idee, Recht sei gesellschaftliche Macht. Dabei passirt es 
ihm freilich selbst, dass er einfach für Gesellschaft „Staat“ setzt. 
Wie ich oben schon bemerkte, halte ich aber Rechtsverhältniss 
und Gewaltverhältniss für Gegensätze. 
Die Besprechung der Inerına’schen Anschauung, der Kampf 
um’s Recht sei eine Pflicht des Einzelnen, führt HEILINGER zu 
einem längeren, die österreichische Gemüthlichkeit vertheidigenden 
Exkurs, der wegen der gar zu sehr bemerkbaren lokalpatriotischen 
Absicht zwar nicht verstimmt, aber recht sonderbar in einer 
wissenschaftlichen Abhandlung über das Wesen des Rechts sich 
ausnimmt. Der individuelle Charakter und der Geschmack des 
Einzelnen wird ihn wohl im konkreten Falle zum Aufnehmen oder 
zum Unterlassen des Kampfes um sein Recht bewegen. Es gibt 
gewiss widerwärtige Fälle von halsstarriger Rechthaberei; aber 
ebenso unverkennbar ist es sicherlich, dass ein stark ausgeprägtes 
Rechtsgefühl der Einzelnen der Entwickelung und der Verwirk- 
lichung des Rechtes eines Landes stets förderlich sein wird. 
Am Schlusse des ersten Abschnittes seiner Abhandlung wendet 
sich HEILINGER nochmals mit Recht gegen die Confundirung des 
Rechts mit der Moral oder Religion. 
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